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Wir haben diese kleinen Läden lieben gelernt. |
Kapitel 6 – Der Sonderausweis – Innerline Permit
…unsere erste Abfahrt startete
gedanklich ja schon am frühen Morgen, denn „was ziehen wir an?“ war die Frage
aller Fragen. Soll ich die indische Frauenwelt direkt als Lycra-Presswurst
beglücken? Verstößt Moni in ihrem engen Lycra-Outfit evtl. gegen irgendwelche
Anstandsregeln? Wir entschließen uns zu einer Mischung aus allem was wir dabei
haben.
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Radloutfit "Normal" |
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Im Hintergrund sieht man etwas die Straßen samt Kurven. |
Wir starten am Hotel aus der
Menschentraube heraus und biegen in die erste Gasse ab und schon ertönt aus
einer kleinen Teestube: „Monika, we love you“. Unsere Tempelgruppe lässt ihren
Tee stehen und kommt an den Straßenrand um uns anzufeuern und natürlich Bilder
zu machen. Es bildet sich eine regelrechte Gasse in der Menschenmasse und nun
verstehen wir. Wir sind zwar in einem aus unserer Sicht exotischen Land, aber
die Exoten sind wir hier.
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Heiliges Viehzeugs. |
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LKW überholen rechts, zack kommt Viehzeugs. |
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Kuh mit Kopf im Hang? |
Wir verlassen das Dorf und
automatisch ziehen wir in den Abfahrten auf die falsche Straßenseite. Doch
Narender fährt nur wenige Meter hinter uns und fängt sofort mit einem
Hupkonzert an bis wir wieder auf der richtigen Seite fahren. Er fährt so dicht
hinter uns, dass ich anhalte und ihm erkläre er soll bitte etwas Abstand
halten. Das funktioniert auch für die nächsten 500 Meter, dann ist er wieder
hinter uns. Ich will gerade wieder anhalten um ihn zu erklären, er solle
Abstand halten als Moni ruft: „Lass ihn, wir geben einfach mal Gas!“
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Zisch |
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Weniger schnelles Zisch... |
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Narender |
Yeaha, das machen wir und ruck
zuck haben wir ihn außer Motorhörreichweite und wenig später außer Sichtweite.
Doch immer wenn wir anhalten um Bilder zu machen kommt er wieder von hinten.
Überschwänglich vor Freude zieh ich das Handy raus um ein Filmchen zu drehen
während der Abfahrt, achte kurz nicht auf vorne und…oje oje war das knapp.
Keine Ahnung wo das Auto herkam, es war plötzlich da. Die Situation war so
knapp, ich hab im gesamten Urlaub keine weiteren Filmchen auf dem Rad gedreht,
ich schein doch lernfähig zu sein.
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Wer sieht Moni? |
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In den Ortschaften fällt links fahren, rechts abbiegen noch schwer. |
Wir konzentrieren uns wieder mehr
auf die Abfahrt, aber der Fernblick lässt unsere Blicke immer wieder von der
Straße in die Ferne schweifen. Jedoch muss man hier wirklich mit allem rechnen:
Kinder die einen zwar mit großen Augen anschauen, aber trotzdem auf die Straße
laufen, Hunde, die uns einige Meter hinterher rennen und viele Kühe, die wissen,
dass sie keinen Platz machen müssen, da sie hier absolut heilig sind. An einer
der Militärstationen sag ich zu Moni „bleib mal neben dem Soldaten stehen für
ein Bild.“ Doch kaum zücke ich die Kamera kommen mehrere Soldaten aus allen
Ecken und rufen „No!!!“.
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Bergverkehr. |
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Ausblicke |
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So machen Abfahrten richtig Laune. |
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Ein Bild haben wir doch vom Militär. |
Zeitweise fahren wir viele
Kilometer mit unter 20 km/h und werden trotzdem noch im Jeep hin und her
geworfen. Der Weg ist zum Teil einfach in den Fels gesprengt und als
Straßenbelag dient der blanke Fels. Das Tal wird enger und enger und wir werden
an jeder Brücke vom Militär angehalten, kontrolliert und in irgendwelche große
Bücher eingetragen.
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Die Straßen werden staubiger. |
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Tunnel |
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Gigantische Wegeführung |
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Links geht es runter. |
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Einfach mal aus dem Fenster nach unten Fotografiert. Ja, da ist der Abgrund wenige Zentimeter neben dem Reifen! |
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An Brücken gab es immer Kontrollposten |
Die Warnungen auf den Schildern
man solle auf herabfallende Steine ebenso wie auf die Straßenkante achten, wird
von verrosteten total verbeulten Autos im Fluss untermalt. An einem Abschnitt
ist die Straße einfach komplett von einer Sand/Steinlawine auf mehrere hundert
Meter verschüttet. Narender kommentiert diesen Abschnitt mit einem leisen Gebet
und den Worten „viele Tote“.
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Da war mal eine Straße. |
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Wenn man diese Naturgewalt sieht fängt man an zu hoffen, dass es diesmal ruhig bleibt in der Erde. |
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Materialverschleiß |
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Das Tal wird enger und enger. |
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Safety! |
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Es war ein absolutes Abenteuer auf diesen Straßen. |
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Ausblicke! |
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Durchblick? |
Nach gut 10 Stunden Jeepschaukel
führt uns eine Straße raus aus dem engen Tal und hoch nach Rekong Peo. Von hier
sehen wir erstmals die schneebedeckten Gipfel eines 6.000er Berges, der Kinnaur
Kailash. Narender führt uns zu einem Gebäude was nach vielem Aussieht, aber
nicht nach einem „Regierungssitz“. Er grinst und sagt „Ready for indian bureaucracy?“
und wir nicken.
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Der normale Wahnsinn. |
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Wer macht Platz? |
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Endlich wieder Leitplanken, im Hintergrund an dem Stück gab es nichts! |
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Schlafplatz-Wandler. |
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Kaum aus dem Tal raus, gibt es gigantische Ausblicke. |
In einem kleinen Raum hinter den
Touristenbüros sitzt ein Beamter. Er ist nett aber etwas distanziert. Man merkt
er hat nicht wirklich Lust uns alles was er nun von uns braucht zu erklären.
Doch als Moni ihm alle benötigten Dokumente feinst säuberlich inkl. Kopien
unserer Pässe sowie die Passbilder übergibt, verändert sich der Mann vor uns
total. Er wird richtig freundlich, stellt viele Fragen über Deutschland, gibt
uns viele Tipps was wir unterwegs unbedingt anschauen müssen und füllt dabei
seine Bücher mit unseren Daten. Nun müssen wir noch einige Dokumente
unterschreiben und fertig.
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Rekong Peo |
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Fast wie in den Alpen. |
Doch der Beamte sagt nun: „Okay
let´s go!“. Wir gehen über einen großen Parkplatz auf ein Gebäude zu, was nun
deutlich eher an einen Beamtenapparat erinnert. Im Inneren werden wir
freundlichst gebeten uns zu setzen. Es gibt viele weitere Dokumente und wir
müssen vor einer kleinen Kamera posieren. Irgendwann werden wir gebeten wieder
in das andere Gebäude zu gehen und dort 10 Minuten zu warten.
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Dorfleben |
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Hundeleben |
Wir gehen raus und sagen Narender,
wir müssen noch 10 Minuten warten. Doch er grinst und fragt, ob wir Hunger
haben und führt uns in eine dieser kleinen Straßenküchen. Hier bekommen wir
super leckeres Essen und natürlich Chai-Tee. Über 1 Stunden später werden wir
aber doch nervös und gehen zurück zu dem freundlichen Beamten. Dieser ist aber
noch gar nicht wieder da. Es dauert noch 10 Minuten bis er mit unseren Papieren
erscheint. Wir bezahlen und haben unsere „Innerline Permit“. Somit dürfen wir
ins Grenzgebiet Indien/China (Tibet), in das Wüstental Spiti Valley. Yipieeyyeaha.
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Zu scharf? Nein... |
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Innerline Permit und Prospekte |
Doch für uns geht es weiter den
Berg hoch. Der Fluß im Tal liegt bei ca. 2.000 Metern, Rekong Peo auf 2.400
Metern und unser Ziel für heute: Kalpa, auf 2.800 Meter. Hier merken wir zum
ersten Mal, wir sind am Saisonende unterwegs. Die meisten Hotels haben bereits
geschlossen und die wenigen, die noch offen haben sind menschenleer. Wir finden
ein Hotel mit wunderschönem Ausblick vom Balkon auf die Schneegipfel des Kinnaur
Kailash und beziehen unser Zimmer.
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Kurz den Ausblick genießen. |
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Absoluter Wahnsinn. |
Wir wollten uns gerade auf dem
Bett mit Tagesdecke etwas entspannen als es an der Tür klopft. Ein Junge aus
dem Hotel steht vor der Tür und möchte wissen, wann und vor allem was wir essen
möchten. Denn saisonbedingt gibt es nicht viel Auswahl. Er empfiehlt uns ein
Hühnchen-Massal, allerdings so verstehen wir es, gibt es das nur für 4
Personen. Aber bei den Speisepreisen ist uns dies relativ egal und wir sagen er
soll die 4 Portionen für 20:00 Uhr fertigmachen. Er fragt zwar noch 3-mal ob
die Bestellung so alles ist, aber was sollen wir noch bestellen?
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Feierabend! |
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Blick zum Tempel. |
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Kleiner Weg zum Dorf. |
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Glockenspiel |
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Ja, der Wind war hier ein Begleiter. |
Jetzt, da wir eh nicht zur Ruhe
kommen, ziehen wir uns wieder die Wanderschuhe an und beschließen ins ca. 2
Kilometer entfernte Dorf zu wandern. Wir finden auch schöne Wege und landen
mitten in einem kleinen Dorf mit Tempel. Dieses kleine Dorf hat es aber faustdick
hinter den Ohren. So hieß der Ort und die Region früher Chini, was auf Hindi
„Zucker“ bedeutet, aber auch „China“. Nach dem Grenzkrieg zwischen China und
Indien und dem Überfall Chinas in diese Region wurde der Name in Kalpa
geändert.
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Diese Läden machen wirklich Spaß. |
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Wer kein Esel hat, muss selber tragen. |
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Schöne Natur mit Müllrinnsal. |
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Wo Ruinen stehen ist Land billig. |
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Tempelblicke. |
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Kalpa |
Jedenfalls mitten in Kalpa auf
dem höchsten Punkt ist ein Tempel und diesen haben wir für uns alleine. Was
eine absolute Seltenheit darstellt, wie wir später gesagt bekommen haben. Denn
der hinduistische, von der Pahari-Religion geprägte „Tempel von Chini“ mit
seinen ungwöhnlichen Holzfiguren ist nicht nur ein Touristenmagnet. Aus der
ganzen Welt pilgern hier wöchentlich Gläubige zur Befragung des Orakels (Devta)
hin.
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Die Masken überall sind schon gänsehautmäßig. |
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Gebetsmühlen |
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Irgendwoher kamen Leute, weg von unserem Tempel. |
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Orakelgesicht. |
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Tempelhintereingang. |
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Der Tempelturm |
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Die gesamte Anlage. |
Viel wichtiger für uns ist aber
ein Treffen mitten im Ort. Wegen einer Schafherde müssen wir in einen
Seitengang ausweichen, hier ist bereits ein sehr alter Engländer hin
ausgewichen. Sehr schnell sind wir im Gespräch und sehr erstaunt als er uns
erzählt, dass er mit dem Rad alleine im Himalaya unterwegs ist. Als ich ihn
aber frage welchen Weg er hierher genommen hat, bin ich noch erstaunter. Denn
er erzählt von einem Weg, oben in den Bergen und nicht unten durch das enge
dunkle Tal, den es in meiner Karte schlichtweg nicht gibt.
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Im Dorf mal wieder Schafe. |
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Hier hilft die ganze Familie. |
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Spielzeit |
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Der war knapp 30 Minuten bei uns. |
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Teestube |
Noch während wir zurück zum Hotel
wandern steht für uns bereits fest, morgen suchen und fahren wir diesen Weg. Im
Hotel angekommen suchen wir Narender um ihn zu unserem großen 4-Portionenmahlzeiten
einzuladen, finden ihn aber leider nicht. So gehen wir alleine zum Essen und
bekommen zwar einen relativ großen Teller serviert mit 2 kleinen Schüsseln aber
sonst nichts. Doch nun verstehen wir unseren Fehler und warum uns der Junge so
oft gefragt hat, ob das alles ist. Er hat nicht „Four person chicken“ mit
seinem rollenden Indian-Style-Slang gesagt, sondern „four peaces chicken“.
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Zurück zum Hotel. |
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Auf kleinen Wegen, quer durch Gärten und Hotels geht es den Hang hoch. |
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Lecker Äpfel |
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Ausblicke am Wegesrand. |
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Moni fliegt mal wieder. |
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Gegenverkehr |
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ohne weitere Worte |
Hungern müssen wir aber nicht,
denn wir haben ja noch unseren Großvorrat an Schokolade dabei. Diese zusammen
mit einem Bier und dem genialen Ausblick genießen wir auf unserem kleinen
Balkon. Zurück im Zimmer ziehe ich die Tagesdecke zurück und oje. Der Bettlagen
ist voller alten Blutflecken. Der „Zimmerservice“, ein Junge um die 12-14 Jahre,
kommt und ist sehr bemüht uns ein neues Bettlaken aufzuziehen. Doch das neue
Bettlaken stinkt nicht nur abartig nach irgendeiner Chemie, es ist ebenfalls
voller Flecken. Wir holen kurzerhand unsere Schlafsäcke aus dem Jeep und
schlafen in diesen.
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Balkonausblicke |
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Monis Balkonoutfit |
Am nächsten Morgen haben wir ein
leckeres Pancake-Frühstück und erzählen Narender von unserem Plan mit den
Rädern den Weg oben in den Bergen zu nehmen, während er mit dem Jeep unten
durch das Tal fährt. Er ist gar nicht einverstanden und befragt den Hotelchef
nach diesem Weg. Dieser erzählt etwas von einem kleinen Weg den man unmöglich
mit dem Rad fahren könnte, doch was weiß der schon…
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