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Teamwork auch an den Anstiegen. |
WW könnte auch für „Welch
Wahnsinn“ stehen, steht aber für WesterWald (-Umrundung) mit ca. 400 Kilometern.
Ausgedacht hat sich diese Abscheulichkeit für die Beine Sven Hielscher bei
seinen Trainingsrunden für die 24 Stunden-Rennen, die er meist solo bestreitet.
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Der Organisator |
Und da die 24-Stunden-Solo-Familie bzw. die Langstreckenspezialisten sich
untereinander meist sehr gut kennen und unterstützen verwundert es auch nicht,
dass die weiteren Teilnehmer Gigantomaten der Langstrecke sind. Ob 24-Stunden-Helden
wie Alois Greven, Hartmut Ehrhardt und Frank Tattje oder Desert-Dash Bezwinger
Marcus Wilden und Mr. „ich bringe jeden Wadenstrumpf zum Platzen“ Marco Planer.
Hier trifft sich die Erfahrung in Sachen Langstrecke und eben diesmal die
Newbies Moni und ich.
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Streckenprofil anstatt Höhenprofil. |
Wir haben zwar schon 300er mit
dem Rennrad und vielen Pausen hinter uns, aber mit dem MTB noch nie wirklich
auch nur annährend die 200er Marke geknackt. Von daher konnten wir es uns
eigentlich nicht vorstellen, aber irgendwann muss man sich ja mal solchen
Herausforderungen stellen. Doch alleine der Gedanke daran, wenn der Radcomputer
mal 200 Kilometer anzeigt und man sich dann damit motivieren muss, immerhin
schon die Hälfte geschafft zu haben. Doch von vorne.
24er können wir, aber eben immer Vollgas im Wechsel und nicht konstant 24 Stunden schnell. |
Moni und ich fahren bereits am
Freitag auf einen Campingplatz bei Lohmar, der nur 8 Kilometer vom Startort des
WW400 entfernt ist. Hier möchten wir uns entspannen und ausschlafen und somit
ausgeruht den kommenden Aufgaben widmen. Doch wir hätten uns vorher mal genau
die Lage des Platzes anschauen sollen. Direkt neben der A3 und unter der Ausflugschneise
des Flugplatzes Köln-Bonn, so hatten wir in ruhigen Momenten nur die
A3-Geräuschkulisse und in den anderen eben den Fluglärm. Und nur damit wir uns
auch wirklich nicht ausschlafen können, gehen um ca. 2:30 Uhr die
Feuerwehrsirenen los.
So „ausgeschlafen“ machen wir uns
am nächsten Tag auf zum Treffpunkt. Hier wird nicht lang geschnackt, hier wird
schnell ein Vorher-Foto gemacht und sich in den Sattel geschwungen. Ehrlich
gesagt habe ich mit einem gemütlichen Anfangstempo gerechnet, aber nichts da,
die Jungs ballern richtig los in den Wald und auf die ersten Trails und
zackbumm sind wir am Flüsschen Sieg.
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Alois, Frank E.,Monika, Frank T., Marco, Markus, Sven, Hartmut |
Der Sieg folgen wir nun flussaufwärts und
sammeln schnell erste Höhenmeter. Zu Monis und meinem Entsetzen gibt es keine
Pausen, es wird einfach in die Pedale getreten. Einzig bei roten Ampeln oder
geschlossenen Bahnübergängen erlaubt uns Sven mal einen Griff in die
Futtertaschen. So freue ich mich umso mehr als wir endlich den ersten
Verpflegungspunkt bei Kilometer 95 erreichen, einen Aldi-Markt in Betzdorf.
Der Gegenwind bis hierhin nicht
ohne und es ist erstaunlich wie lange Frank T., Alois und Sven vorne im Wind
fahren können bei dem Tempo. Ich versuche mich hin und wieder auch mal vorne im
Wind, aber mehr als 5 Kilometer am Stück sind nicht drin. Keine Ahnung wie sie
es machen, aber die Jungs sind eben doch Langstrecken-Profis mit entsprechendem
„Schmackes in den Beinen“.
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Solche Abschnitte wurden schnellstens in Kolonne bewältigt. |
Was mich aber richtig quält ist
nicht etwa der Wind, die Anstiege oder das Tempo. Nein, es ist die Hosen
Aufschrift vom PST-Racing-Team. Denn direkt hinten am Bobbes sieht man bei den
Jungs ein Bild mit Pasta und die Aufschrift „Pasta Time“. Da versucht man
wirklich die Gedanken vom Essen wegzubringen und jedes Mal, wenn man dem
Vordermann mal auf den Bobbes schaut, läuft einem das Wasser im Mund zusammen.
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PASTA TIME... |

Nach der Stärkung am Aldi-Markt
fahren wir dem höchsten Punkt der Tour entgegen. Dazu verlassen wir die Sieg,
fahren über den Berg, erreichen bei Kilometer 125 die Wasserscheide und düsen
runter an die Dill. Nächstes Ziel bei Kilometer 175 ein italienisches
Restaurant mit einem Besitzer wie man sich einen Italienischen Gastgeber
wünscht. Hier schlagen wir uns die Bäuche voll und erfüllen das gesamte
Restaurant mit dem typischen Schweiß-Duft, den 8 Radfahrer nach 175 Kilometern
eben so erzeugen.
Am gegenüberliegenden Aldi werden
nochmal die Vorräte in den Taschen und Trinkflaschen aufgefüllt bevor es wieder
in den Sattel geht. Irgendwann und irgendwo fliest die Dill im Dunklen der
Nacht in die Lahn und wir folgen nun dieser. Das nächste Ziel ist das „Deutsche
Eck“ in Koblenz bei Kilometer 300. Aber bis dahin sind es ja noch 125 km. Zu
meinem Entsetzen stelle ich irgendwann so gegen 01:30 Uhr bei einem Griff in
meine Fronttasche fest, dass irgendjemand alle 8 Scheiben Brot mit
Kalbsleberwurst gestohlen hat. Ich frage mich, wo der Senffleck auf meinem
Trikot herkommt…
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Halbzeit |
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Batteriewechsel und weiter. |
Zum Glück melden sich nun aber
auch die anderen mit dem Wunsch nach einem Cafe. Leider ist es „überraschend“
schwer irgendwo in der Pampa an einem Sonntagmorgen um 2 Uhr einen Kaffee zu bekommen.
Wirklich Zeit dem Kaffee hinterher zu trauern gibt es aber nicht. Immer wieder
fahren wir durch schöne Altstädte oder kommen an schön beleuchteten Burgen
vorbei. Würden Moni und ich sonst bei solchen schönen Anblicken stehen bleiben,
hat man hier gerade noch die Zeit schnell das Handy zu ziehen und ein Bildchen
zu machen, dann sind die Lichtkegel der Mitfahrer aber schnell einige Meter
entfernt.
Jedenfalls wird es ca. 04:00 Uhr
bis wir endlich in Koblenz am McCafe unsere Kaffeegelüste befriedigen können.
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Kaffee! |
Am „deutschen Eck“ machen wir
noch einige Gruppenbilder und schon geht es weiter. Das Tempo wird kurzfristig
wieder etwas angezogen, allerdings merkt man an so manchen kleinen Fahrfehlern
in der Gruppe, die Müdigkeit hält Einzug.
So kommt uns eine Tankstelle in
Andernach fast wie eine Fata Morgana vor. Das etwas entsetzt Gesicht des
Kassierers, als wir zu acht den Laden stürmen, bestätigt uns aber, hier gibt es
realen Kaffee und Süßzeugs. Die Pause erkaufen wir uns teuer, denn Sven macht
nun die Ansage, die letzten 75 Kilometer werden durchgefahren.
Also mal wieder ab in den Sattel
und treten, treten, treten. Unsere Tretwerke werden durch das Schwinden der
Nacht, dem morgendlichen Vogelgezwitscher und den schönen Sonnenaufgang zusätzlich
befeuert.
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Warme Klamotten aus. |
In den Auen hängt allerdings
teilweise auch noch der Morgennebel und ein Einfahren in diesen ist immer
wieder eine Extraabkühlung. Mein Garmin hat übrigens in der Nacht als Tiefpunkt
1 Grad angezeigt.
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Man sieht die kalte Nebelwand. |
Irgendwann erreichen wir wieder
die Sieg und mein Garmin zeigt an, noch 10, noch 9, noch 8 Kilometer bis zum
Ziel. Moni und ich feiern kurz das Erreichen der 400 Kilometermarke als ich
vorne ein Gespräch aufschnappe. Sven und Marco reden doch wirklich darüber noch
einen Zusatzberg zu erklimmen und noch einige Trails zu surfen und irgendwie
stimmen wir doch tatsächlich alle zu. Nichtsdestotrotz erkennt man doch bei
allen ein Grinsen im Gesicht als unser Ziel in Sichtweite kommt.
Wir fallen uns in die Arme und
gratulieren uns gegenseitig zu dieser schönen Ausfahrt. Machen noch einige
Nachher-Fotos und trinken 1-2 leckere alkfreie Weizenradler und killen einige
Tüten Haribo.
Danach geht es für einige von uns
wieder in den Sattel. Frank T. fährt noch weiter bis Köln, Alois radelt in die
Heimat und kommt auf 432 Kilometer und Moni und ich müssen nochmal über den
Berg zum Campingplatz. So wurden es für uns 418 Kilometer und ca. 2.660 Höhenmeter.
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Ich glaube ich kenne da eine Abkürzung! |
Fazit Frank:
Es war eine
interessante Erfahrung zu erleben wie der Körper und der Geist auf eine solchen
Ausfahrt reagieren. Und ich glaube es hätte keine bessere Gruppe geben können
für den ersten 400er. Sobald im Kopf mal Zweifel aufkamen, war die Selbstverständlichkeit
des Fahrens der Anderen eine echte moralische Unterstützung, die ich nicht
genau erklären bzw. fassen kann. Jetzt mit einigen Stunden Abstand zur Tour
kann ich schon sagen, gerne wieder.
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Abkühlung nach der Tour |
Fazit Monika:
Es war mir vorher nicht ganz
klar, wie man überhaupt auf so eine Idee kommen kann, 400 km in einer Tour zu
fahren. Aber man soll ja nicht darüber urteilen, was man selber noch nicht ausprobiert
hat. Also sagte ich, als Frank mich fragte, ob wir das mit machen wollen: „Na
klar“.
Im Vorfeld war ich schon nervös
gewesen und die „mega-ruhige“ Nacht vorher, hat das auch nicht besser gemacht.
Am Treffpunkt angekommen, haben wir uns kurz untereinander vorgestellt und dann
ging es auch schon los. Die Gruppe harmonierte von Anfang an sehr gut. Ich
fühlte mich schnell wohl und die Nervosität war weg. Es gab niemanden, der
vorweg bollerte und keinen, der hinterher hechelte. Jeder achtete auf jeden und
das Tempo war recht konstant. An den Anstiegen (meist kleine fiese steile),
wurde sofort Geschwindigkeit rausgenommen und sachte hochgekurbelt. Das sind
Erfahrungswerte, die Langstreckenfahrer halt haben. Niemals überziehen, das
rächt sich sonst auf so einer Distanz. Mal unterhielten wir uns, mal fuhr man
schweigend vor sich her. Es lief sehr gut und das änderte sich auf den 400 km
nicht ein einziges Mal. An dieser Stelle noch einmal ein dickes Danke an euch für
Organisation, „Im-Wind-fahren“, Mitmachen und die tollen gemeinsamen 22,5
Stunden. Jede einzelne war schön :-) Es hat mir sehr viel Spaß gemacht.
Der Moment:
Er war an den Trikots, an den
Rädern oder eben bei einigen auf seine eigene Art dabei. Als Frank. T. aber
plötzlich an einer Stelle links abbiegt, an der keiner wirklich damit gerechnet
hat und auf eine kleine unscheinbare Pinke-Schleife zeigt bin ich froh, eine
dicke verspiegelte Sonnenbrille aufzuhaben. Trotzdem nutze ich den Vorwand
Bilder zu machen, um mich mal kurz von der Gruppe zu entfernen und mir einige
kleine Kullertränchen wegzuwischen. So du Sauhund, jetzt haben wir doch noch
irgendwie einen 400er zusammen gerockt.
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Mehr braucht es manchmal nicht um einen wunderbaren Menschen zu gedenken. |