Mittwoch, 30. Oktober 2019

Mit den Nightridern im Harz unterwegs

17 + Fotograf = 18 Velohelden


Der Wetterwarnung zum Trotz setzen sich 18 Mountainbiker in Wernigerode am Samstagabend in Bewegung. Jedoch nicht ohne zuvor etwas in den Spendentopf zu geben und als Gegenleistung „Medizin aus der Apotheke“ zu erhalten.

Ausgeteilt wird...
...was einst nur aus dieser Apotheke kam...

...und heute so aussieht.

Wir fahren entlang der Harzer Schmalspurbahn Richtung Bahnhof Steinerne Renne. Hier sehe ich zum ersten Mal, was die Mitfahrer so alles in ihren Rucksäcken haben. Unter anderem packt Christian einen gigantischen Beutel Haribo aus. Dabei muss ich so neidisch geschaut haben, dass er mir die Tüte direkt unter die Nase hält und sagt: „Greif zu“.





Zum Glück habe ich kräftig zugegriffen, denn nun geht es richtig in den Berg. Wir fahren über die Bielsteinchaussee Richtung Glashüttenweg. Während wir die Höhenmeter bezwingen, erzählt mir BikingBear Heiko vom letzten Urlaub in den Alpen und dass er seit seiner letzten Krankheit noch nicht wieder ganz genesen ist. Gerne hätte ich aus diesem Monolog einen Dialog gemacht Heiko, aber dazu fehlte mir dann doch bissel die Luft an dem Anstieg.






Irgendwo weiter oben an einer kleinen Schutzhütte wurden die Köpfe zusammengesteckt und die Guides haben entschieden, bei dem derzeitigen Wind fahren wir nicht weiter aufwärts Richtung Brocken. Und so wie die Bäume im Wind tanzten, gab es von der Gruppe auch keinerlei Widerworte.

Auch der "Forst" war unterwegs und wünschte uns gute Fahrt.





Die zum Teil heftig vom Borkenkäfer angegriffenen Wälder wirkten im Lichtkegel der Lampen schon fast irgendwie endzeitmäßig und gleichzeitig doch faszinierend. Vorbei am Bahnhof Schierke genossen einige den Ottoweg während andere leicht fluchend eine Panne flicken mussten.






Von Schierke sollte es über den einst genialen Trail/Wanderweg „Mandelhölzer Fußweg“ gehen, aber viel ist dank großer Forstfahrzeuge von dem einst kleinen Pfad nicht übrig. Egal, wir queren die Kalte Bode und fahren entlang der Mandelholztalsperre.




Obwohl ich hier schon sehr oft in der Gegend war, in der Dunkelheit sieht alles irgendwie anders aus und ich bin richtig überrascht, als wir auf einmal am Kalkwerk Hornberg vorbeifahren und in Elbingerode landen. Zum Glück haben die Guides Thomas und Michael vermutlich immer gewusst, wo wir in etwa gerade sind.

Thomas und Michael

Von Elbingerode ging es mit Schwung über den Ortberg, rüber zum Peterstein und ins Zillierbachtal. Ab hier brauchten wir bis Wernigerode eigentlich nicht wieder in die Pedale treten und konnten den Trail bis in die Stadt genießen.





Am Parkplatz angekommen wurde noch bissel geklönt. Was mir irgendwie während der Tour nicht wirklich auffiel wurde mir im Auto bei einem Blick auf die Anzeige bewusst, es war verdammt warm mit 19 Grad für eine Oktobernacht im Harz. Und umso erstaunter war ich, als am nächsten Tag auf dem Weg zum WTC des RSC-Wanderlust (KLICK) die Anzeige nur noch 9 Grad anzeigte.

Am Ende gab es für alle noch ein Erste-Hilfe-Päckchen.

Übrigens, bei den Nightridern Harz kann jeder mitfahren, der ein geländetaugliches Fahrrad und einen Helm hat. Schaut mal auf der Homepage vorbei – KLICK.

Mal etwas aus dem Archiv,
die Geburtsstunde der Nightriders Harz







Dienstag, 29. Oktober 2019

Night on Bike, ein geniales Stundenevent

So sieht der Wald an einem Abschnitt im Wald aus.


Ich düse durch den Wald runter in die Senke, hier hängt noch minimal Morgennebel über dem Trail. Im Wald hört man auch schon die nächste Fan-Base mit den Blechen, hier sind wieder einige mehr am Krachmachen als morgens um 3:00 Uhr. Knapp hinter der Blech-Fan-Kurve haben sich wieder Kids aufgereiht zum Abklatschen. Ich trete in die Pedale, ziehe nach rechts rüber, um auch alle 3 Kids zu erwischen und paffff, penggggg, klatsch erwischen meine schweißgetränkten Handschuhe die ausgestreckten, kleinen Kinderhände. Doch anstatt wie am Abend zuvor freudiges Juchzen aus den Kinderkehlen zu hören, höre ich nun nur Kindergeschrei. „Mist“ denke ich mir, zu fest die Hand rausgestreckt und gehe in die Bremse, lege mein Fahrrad ab, renne schnell zurück und rufe schon „Entschuldigung“. Da schaut mich der klitze-kleine Kerl am Wegesrand an und sagt zu mir: „Ganz ruhig, wir haben noch einen ganzen Topf voll Gummibärchen, brauchst nicht traurig sein!“ Erst jetzt verstehe ich, die Kids haben diesmal nicht die Hand ausgestreckt zum Abklatschen, sondern haben Gummibärchen für die Fahrer in die Luft gehalten und ich Trottel habe allen dreien, das Süßzeug aus der Hand gekloppt.


Es wird einiges entlang der Strecke geboten.

Ja, so ist die Night on Bike, bzw. die Leute entlang der Strecke. Die einen zünden entlang ihres Hausgrundstücks abends Fackeln und Kerzen an, die anderen verlegen einfach ihr Wohnzimmer für einen Abend raus an die Strecke. Selbst mitten in der Stadt an der Strecke, feuern einen die Leute an einem Feuerkorb stehend an. Night on Bike, ist schon etwas ganz Besonderes und diese Besonderheit der Fankultur hier, überträgt sich auch auf die Fahrer. Selten ein Event erlebt bei dem so fair miteinander umgegangen wird. Kein Drängeln, kein Schreien und am Wichtigsten: Nach 24 Stunden keine Teilnehmer stationär im Krankenhaus. Okay, einige hat es schon bissel gebrösselt, aber es ist eben ein Outdoorsport mit einer nicht gerade einfachen Strecke für ein Stundenevent.

Unser Zeltnachbar nach 2 Runden!



Doch jetzt mal von vorne: Leider verpassen Moni und ich den Bergsprint am Freitagabend und reisen sogar erst Samstag an. Trotzdem können wir problemlos unsere Parzelle beziehen. Diese ist diesmal zu unserer Überraschung wirklich nur so groß wie in der Ausschreibung beschrieben. Mag sich blöde anhören, aber war nicht nur für uns überraschend. Doch wir alle arrangieren uns mit der Situation und es kommt so zu einem interessanten Miteinander-Zeltflair vor den Parzellen.


Die Zeltstadt von oben.


Solofahrer stehen direkt an der Strecke.

Wir begrüßen kurz die uns bekannten Gesichter, holen unsere Startunterlagen ab und machen uns bereit für den Start. Für uns steht fest, wir lassen es gemütlich angehen, denn wir haben noch immer unseren Heavy24 Rennabbruch (KLICK zur Story) im Hinterkopf. Mit einem Schmunzeln stelle ich fest, ich habe diesmal gar kein richtiges Trikot eingepackt. Hm, ich höre mich noch genervt daheim zu Moni sagen: „Lass mal, ich pack meine Sachen gleich selbst (da ich noch in Ruhe irgendwas im TV fertig schauen wollte).“


Unsere Startnummer




Egal, ab zum Start und Glück gehabt. Denn nicht nur, dass ich relativ weit vorne stehe, direkt neben meinem Startplatz steht von irgendeinem Team ein Stuhl, und zack sitze ich. Ich muss gestehen, so wie ich da sitze, sehe ich nach allem aus, aber nicht nach einem ernsthaften sportlichen Teilnehmer und ernte auch sofort von so manchem Spargeltarzan und Foodhater mitleidige Blicke. Der Startschuss fällt und los geht die Rundenhatz für 16 Stunden.


Der pure Sportler :-)

Kurz vor dem Start.

In der ersten Runde läuft man immer Gefahr, an irgendeiner Engstelle in einen kleinen Stau zu geraten, doch ich komme gut durch und auch in den ersten für mich neuen Wegeabschnitt. Ein eigentlich nur klitzekleiner Trailanstieg hoch zur Feuerwehr, den ich später mächtig verfluche und nur noch im leichtesten Gang bewältigen werde. Wir düsen an der Feuerwehr vorbei, hoch in die Stadt, über die Brücke rein in die Innenstadt, raus zum Friedhof und ab in den ersten Trail. Ballern den kleinen Gegenanstieg hoch, vorbei an den Eimertrommlern (auch hier wurde die komplette Nacht angefeuert) durch den Tunnel ab in den Wald.




Es folgen schöne Trails, die Blech-Fan-Kurve (wirklich „abartig“, was hier 24 Stunden an Lärm gemacht wird, genial) und eine lange Gerade, mit kurzem Anstieg hoch in die nächste Fan-Straße, die einen direkt in einen Trail entlässt. Es folgt ein wunderschöner Trail, eine etwas ruppige Wurzelabfahrt und ach du heilige Felgenbremse Kackhauskuh was ist das? Ein Anstieg, bei dem man den Kopf richtig in den Nacken werfen muss, um überhaupt oben ein Ende des Weges zwischen den Bäumen sehen zu können. Im Laufe des Abends, wird der Schweineberg 2.0 von vielen inkl. mir nur noch Ars..loch-Berg genannt.

Am Ars...loch-Berg Kettenblatt verbogen, schneller wechsel in der Nacht.

Belohnt wird die Anstieg-Schinderei mit einem weiteren Fan-Fest, bei dem es sogar Freibier für alle Fahrer gibt, die anhalten. Versteht sich von alleine, dass ich hier keine Zeit verloren habe…


An der Freibierzone oben am Motodrom.
An diesem LKW-Kran...

...hing ab und zu plötzlich auch mal jemand über den Fahrern. Danke Jan Oliver Brockmann für die Bilder und Idee.


Danach geht es über komische Hügel und schöne Trails wieder in die Senke und über den Schweineberg zurück zum Event-…, nein Partygelände. Die Runde hat ca. 10,3 Kilometer und laut meinem Garmin 195 Höhenmeter und macht einfach Spaß im Kopp und Aua in den Beinen.


Moni on the Track.

Wechselzone


Moni und ich kennen wirklich kein anderes Stundenevent in Deutschland, bei dem so viel entlang der Strecke los ist. Gefühlt sind alle Anwohner an der Strecke zum Anfeuern. Die Strecke selbst bietet eine geniale Mischung aus „Fullgaz“, Fahrtechnik und leider auch Anstiegen.  Für mich einer der schönsten Rundkurse in Deutschland.


Während man in der Nacht auf seinen Teampartner wartet, wird auf der anderen Seite gefeiert.

Nun gut, genug geschmeichelt, denn egal wie schön alles ist, in die Pedale treten muss man trotzdem, um vorwärts zu kommen. Und dies können nicht nur wir, sondern auch die anderen 2er Teams. So entsteht lange Zeit ein 5er-Kampf um das Podium. Bei den einen ist irgendwann der Reifen platt, bei den anderen die Beine, wir kommen erstaunlich gut durch und haben das Glück ohne Pannen die 16 Stunden zu überstehen. Am Ende haben wir als Mixedteam sogar das 2er Gesamtranking angeführt, was allerdings mehr Monis verdienst ist, als meiner. Mein Verdienst war der absolut leer gefutterte Verpflegungsstand!


Am Ende durften wir Platz 1 belegen.

Und wie dies so ist, wenn man sich schnell vorkommt. In der Solo-Wertung gab es diesmal Fahrer, die schneller unterwegs waren, wie wir als führendes 2er Team. Sowas muss man sich mal überlegen, wir haben ca. 325 Kilometer mit 6.200 Höhenmeter absolviert und es gibt Leute, die fahren in der gleichen Zeit solo einfach mal noch 10 Kilometer mehr. Eine für mich unglaubliche geniale Leistung. Ganz großen Radsport gab es auch beim 24-Stunden-Event. Hier knackte ein Solo-Fahrer auf der NOB-Strecke fast die 500 Kilometermarke, was auch bedeutet, fast 10.000 Höhenmeter!


Da war ich Stammgast.

Wir freuen uns riesig endlich mal wieder ohne körperliche oder schlimmere technische Problemchen ein Event beendet zu haben. Langsam, aber sicher kommt auch die Kraft wieder in meinen Beinen an, zwar noch nicht zu 100%, aber es geht schon wieder ganz gut. Mal schauen wie Duisburg läuft. (So lief Duisburg - KLICK)


Afterrace Belohnung

Jetzt ganz wichtig, unter dem Motto „SAVE THE DATE“, die Night on Bike Show findet 2020 vom 05.-07.06. statt. Die Anmeldung ist übrigens schon offen und es sind nur noch wenige Plätze frei. Also ab zur Anmeldung --> KLICK





Sven Schreiber und Team, liebe Anwohner entlang der Strecke, liebe Fan-Base-Helden,
DANKE FÜR DIESES ERLEBNIS-EVENT.