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Alter Mörser im Château de
Franchimont |
24. Ardennen Trophy 2013 - Belgische Meisterschaft MX
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Es geht los...und nur jeder 3. wird ankommen! |
„Le CHOC des MOLLETS, le CHIC des YEUX“
Die Ardennen Offensive 2013
Völker greift zu euren Stahlrössern und verteidigt mit uns
die Hometrails. So kam der Hilferuf aus Belgien und schon saßen wir im Auto mit
den Carbonrössern im Kofferraum Richtung Belgien. Unterwegs noch ein
„Trainingslager“ in Kollerbeck eingelegt und schon wurde das Feldlager in
Stockay auf den Wiesen des Spa D’Or aufgeschlagen. Am Pfingstsonntag gab es
dann eine Truppenbesprechung auf den Anhöhen von La Reid und der Ausgabe des
Marschplans. Aufgabe sollte sein, den Velofeind aus dem Wald zu vertreiben.
Pfingstmontag, die Offensive beginnt.
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La Reid, Startbereich |
Vor den Feind gut getarnt beziehen wir im Tal von La Reid im
Aufmarschgebiet an der alten Kirche Stellung. Das Oberkommando erklärt uns via
Lautsprecher, dass die ca. 664 Veloristen in mehreren Wellen angreifen werden.
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Hier sollten später die ersten Verletzten stehen... |
Welle 1: Die belgische Rad-Kampfelite. Welle 2: Alle, die unter dem Banner des UCI
kämpfen. Welle 3: Alles, was eine Rad-Kampf-Lizenz hat und danach Welle 4: Der
Pöbel.
Der Morgennebel im Tal will den Himmel nicht freigeben und
dort wo er ihn freigibt, sendet der Himmel die Tränen der aufkommenden Qualen in
dicker Tropfenform zurück. Vorne hören wir wie Welle 1-3 unter monströsem
Geschrei in die Schlacht aufbricht. Der Kampf hat begonnen. Umstehende
Kameraden blicken angstvoll zu Boden,
fangen an zu beten, kontrollieren nervös ihre Ausrüstung oder schauen
einfach ins Leere. Zwischendrin stehen aber auch kleine Helden und machen den
anderen Mut. So soll es also sein, zusammen mit 664 Belgiern,
Holländern, Franzosen, Ungaren, Italienern und einigen Deutschen Kameraden
wollen wir mit Mut und Tapferkeit den Tag begehen.
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Entschlossenheit kennt viele Gesichter! |
Vorne nimmt der Befehlshabende
die Startpfeife in den Mund, angespanntes schweres Durchatmen ist zu hören,
die Pedale klicken. Moni und ich geben uns ein letztes mal die Siegesfaust und dann ertönt das
Pfeifen. Unter einem lauten Aufschrei schwingen wir uns auf unsere Vehikel und
rollen dem ersten Anstieg entgegen. Die Einwohner von La Reid schauen uns mit
Mitleid und doch auch Stolz unter ihren Regenschirmen heraus an.
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Der erste Anstieg. |
Es geht direkt
den Berg Nr. 20 Les Combles mit Ø 7,5 % Steigung hoch. Oben angekommen müssen
wir abbremsen und uns mit unserem Trupp in den ersten kleinen Trail zwängen. Rechts und links Gartenmauern und in der Mitte
Schlamm, Warnrufe von vorne "Attention left". Wir schauen beim Vorbeifahren auf
die ersten Ausfälle am Wegesrand. Immerhin haben wir schon 2.300 m von 93.450 m
geschafft. Der Trail öffnet sich wieder in einen breiteren Forstweg und sofort
wird wieder eine 2-Reihenmarschordnung angenommen. Das Tempo wird deutlich
erhöht und es bilden sich neue Trupps. Nach einer kleinen Abfahrt geht es den
Bronromme hoch und danach scharf links in die Abfahrt. Doch die ersten bleiben
mitten im Weg in einer Schlammfalle stecken, einer fällt vom Bike und
verschwindet komplett in der von einem Waldfahrzeug zerwühlten Fahrbahn. Die
nachfolgenden Kameraden weichen ohne zu zögern rechts und links in den Wald
aus. Nun sucht sich jeder seinen eigenen Weg quer durch Tannenwald. Das Bild
das sich hier ergibt, ist Wahnsinn. 50-60
Biker auf einer Breite von vielleicht 50 Meter brettern durch den Wald den Berg
runter und wie in einem Kavaleriekriegsfilm fällt hier und da ein Kamerad unter
Schmerzensschreien an einem Baum hängend vom Bike.
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Fight... |
Unten angekommen schaue ich
mich nach Moni um, sie ist direkt hinter mir. Also weiter, auf einem Trail
wieder hoch – runter durch einen Schlammbach und durch einen Fluss. Irgendwo
habe ich Moni verloren und bleibe stehen, ich schaue in den Bach und da kommt
ein Fahrradhelm und eine Trinkflasche angeschwommen. Neben mir ein Belgier, er
bekommt Gänsehaut, was kommt da noch auf uns zu?
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Zu schnell für die Sportografen... |
Endlich erscheint Moni, bis zur
Unkenntlichkeit mit Dreck verschmiert. Zusammen geht es wieder einen Trail
bergan, doch auch hier verlieren wir uns im Schlammgewühl wieder. Mit einem
kleinen Trupp stoße ich etwas weiter Fluss aufwärts auf die nächste Furt.
Einigen geht es nicht schnell genug bei der Überquerung und sie wollen noch
rechts und links vorbei. Schwupps sind 3 Fahrer samt Bikes im Wasser
verschwunden, ein Fahrrad hält sich etwas länger oben, ich vermute "KSK" (=Karbon
statt Kondition)! Nun geht es richtig
hoch. Ein nasser schlammiger Steintrail mit Ø 10% Steigung. Oben angekommen
lasse ich den noch kleineren Trupp ziehen und warte auf Moni. Eine gefühlte
Ewigkeit später taucht sie aus dem Wald auf. Wir schauen uns an, der Blick sagt
„Kuhkacke“, doch der Körper ist schon wieder am Strampeln, vorwärts immer
weiter vorwärts.
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Auf den Schlammwegen gab es keine gerade Linie. |
Das Oberkommando hat zum Glück entlang der Marschroute
Gefahrenstellen und Berge mit Schildern markiert und so kommen wir am Schild
mit der Aufschrift „Cote 16, Le Haftei, Ø 10%“ vorbei. Durch den gesamten Trupp
geht ein Ruck, denn jeder weiß nach diesem Berg gibt es ein Verpflegungszelt.
Hier angekommen beschließen Moni und ich, dass jeder für sich alleine kämpfen wird.
Also kurzer Schlammschmatzer und ich lasse Moni am Truppenrückzugspunkt 1
zurück. Ich ziehe das Tempo an, um mich einem neuen Trupp anzuschließen.
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Schaltwerk...ade! |
Es
vergeht kaum ein Kilometer, ohne verzweifelte Kameraden mit technischen Pannen
am Wegesrand. In jedem Trail kann man Stürze beobachten, quer durch den Wald
ertönt ständig das Martinshorn. Kaum hat man sich an den Fahrstil einer Gruppe
gewöhnt, rutscht einer im Schlamm aus, zerreißt ein knackiger Anstieg das „Wir-Gefühl" oder ein scharfkantiger Stein sorgt für eine Panne. Verluste sind
jedenfalls überall und ständig zu beklagen. Unser Trupp bewegt sich Richtung Hodbomont, um das dortige Schloss zu sichern. Vorne haben 2 Frauen
die Führung der Truppe übernommen, es geht scharf links in einen Trail.
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Absolut geniale Strecke! |
Wer
rein fährt und bremst, hat schon verloren. Bremsen geht hier nicht, mutig
durchrollen oder rutschen. Alles andere lässt der Schlammtrail mit dem drohenden
Abgrund nicht zu. Und schon passiert es vorne, der Weg knickt leicht nach
rechts ab, die Truppenleaderin bremst und rutscht in den Abgrund. Zu meiner
Überraschung fahren die folgenden Helden einfach weiter. Erst der Kollege vor
mir hält an, um zu helfen. Wir helfen der Kameradin wieder auf den Weg, doch ihr
Schlachtross hat jeden Lebenswillen unten im Tal verloren. Der nun deutlich
kleinere Haufen fährt weiter Richtung Schloss und wird vom Schlossherr und
seiner Familie frenetisch mit Töpfen, Pfannen und Glocken zum zügigen Voranrücken
angetrieben. Jetzt noch einen Anstieg und
in Tancremont am Truppenzelt wieder alle Verpflegungstaschen und Flaschen
auffüllen.
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der Wald |
Die Wege werden gefühlt einfacher, doch auch das scheint nur
meine eigene Einschätzung zu sein. Immer wieder kommen mir schiebende Biker mit
hängenden Köpfen und technischen Defekten entgegen. Ich habe endlich 2
Kameraden gefunden, die technisch wie konditionell zu mir passen. Gegenseitig
machen wir uns Mut und nehmen sobald es die Piste zulässt richtig Fahrt auf.
Leider trennen sich unsere Wege abrupt an einem Schild, das zum ersten Mal die
Strecke in die 70er und 90er Passagen teilt. Also alleine weiter. Am Ende einer langen Schotterabfahrt sehe ich
einen Trupp stehen. Beim langsamen Ranrollen sehe ich schon den rot gefärbten
Schlamm am Bein eines Fahrers. Seine Kollegen zeigen mir mit Daumen hoch aber
an, das es für mich nichts zu tun gibt. Es geht die Steigungen 9 und 8 hoch und
durch Theux. Selbst die Nationalstraßen werden für die Velohelden gesperrt.
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Frank am Château de
Franchimont |
Die
3. Verpflegungsstation ist nahe, doch steht der Aufstieg zum Château de
Franchimont mit Ø 12,5 % noch zwischen mir und der ersehnten Stärkung. Die
Truppenverpflegung ist perfekt und in unglaublichen Massen vorhanden.
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Château de
Franchimont |
Ein
Betreuer spricht deutsch und fragt wo die anderen bleiben. Überrascht über die
Frage erkläre ich ihm, dass ich gefühlt irgendwo im hinteren Mittelfeld fahre. Er meint, dass könne nicht sein. Es wären noch keine 400 Fahrer zusammen mit der
70er Runde durchgekommen und das müssten immerhin insgesamt 972 Fahrer sein.
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Moni am Château de
Franchimont |
Im
Kopf gehe ich überschlägig alle Personen durch, die ich irgendwo am Wegesrand
stehend oder liegend gesehen habe und komme auf knappe 50-70, aber nicht auf
mehrere Hundert. Na was soll´s: Ab in den Sattel und weiter. Trail an Trail und
maximal mal 500 m als Zubringer ein Forstweg und schon wieder Trails. Durch die
Senke bei Polleur und über eine uralte Steinbrücke dem nächsten Anstieg
entgegen. Erneut über die A27 und die brutalen Anstiege Nr. 3 Chêne de la
Vierge und Nr. 2 Le Staneux mit jeweils über 10% bewältigt und nach der Abfahrt
an Verpflegungsstand Nr. 4 zur Obstaufnahme.
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Immer wieder brutale Anstiege |
Hier lasse ich die Verpflegung
aber fast liegen, nur eine Orangenhälfte und weiter geht es. Immerhin gibt es
nur noch einen Anstieg von den insgesamt 20 zu bewältigen. Also ran an den Anstieg Nr. 1. Den Letzten mit 7% auf einer Länge von 1.500 Metern. Doch die werden nun locker mit
der Gewissheit es gleich geschafft zu haben, weggedrückt. Doch zu meiner
Überraschung geht es nun erneut in eine Abfahrt und diese spuckt mich unten in
Spa an der Route de National 62 aus. Hundert Meter vor der Nationalstraße fängt
mitten im Wald ein Streckenposten an die Kameraden im Tal mittels Trillerpfeife
über meine Ankunft zu informieren und als ich unten ankam, haben diese extra für
mich die Nationalstraße gesperrt.
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Moni ca. 1 Kilometer vor dem Ziel |
Doch die Freude darüber hält nur kurz an,
denn nun entdecke ich ein Schild mit der Aufschrift Berg NUMMER 00 mit 1.200 m
und Ø 9,5 % Steigung und Rampen mit 15%. Wo gibt es so was? Berg Nr. 00?!? Nun
gut, hoch muss ich. Egal wie ich mich darüber aufrege, dass ich die
Streckenbeschreibung nicht genau gelesen habe. Denn da steht der Anstieg Nr. 00
drin. Doch Kämpfer, die es bis hier hin geschafft haben, brechen nun innerlich
zusammen und bauen mich damit auf, denn meine Beine können noch. Mein Zureden auf deutsch verstehen wohl die wenigsten und ich fahre noch an einigen vorbei.
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Victory |
Endlich sehe ich das Truppensammellager oben im Wald und die Zielanzeige spuckt
die Angaben Platz 138 GS / AK 47 aus. Ich bin etwas überrascht, doch so gut
durchgekommen zu sein oder wo sind die anderen Biker? Ich warte auf Moni, es kommt mir ewig vor. Immer wieder kommen vereinzelte Biker im Ziel an. Herzlichst
lachen kann keiner mehr. Ich muss mir eingestehen, dass ich zu keiner Zeit daran
Zweifel, dass Moni noch kommen wird. Die Technik beherrscht sie, die Kondition
und den Willen besitzt sie ebenfalls, aber wo bleibt sie?
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12. bei den Belgischen MX - Meisterschaften - Monika Janzen |
Und dann kommt sie
nach 7:27 Std. strahlend aus dem Wald gefahren und als 181 GS / 12 AK überquert sie die
Ziellinie.
Wir haben es mal wieder geschafft, was diesmal 2/3 nicht
geschafft haben. Und da es so wenig Deutsche auf der Langstrecke nach 93
Kilometer und 2.400 Höhenmeter überhaupt geschafft haben, den Hometrail zu
verteidigen nenne ich sie diesmal Namentlich.
Bei den Damen:
Monika Janzen GS 181;
AK 12
Bei den Herren:
Werner Portugal GS 31; AK 15
Ulrich Trostorf GS 105; AK 5
Wolfgang Hilgers GS 123; AK 28
Frank Eggert GS 138; AK 47
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Unsere Wochenendausbeute |
Veranstaltungs HP
Ausgewählte Bilder der Veranstaltung 2007-2013
Insc.: 644, Part.: 445, Classés: 227 = Klartext-von 644 sind 227 gewertet
Streckenverlauf
Campingplatz Spa d'Or