Bisonherde im Harz |
Dieses Tourenvorgeplane und
zwanghaft abends wieder am Auto oder Ausgangsort sein zu müssen geht mir
derzeit bissel gegen den Strich beim Radln. Aus diesem Grund suchen wir uns
derzeit hin und wieder einen Ausgangsort und fahren von dort einfach den
Stempelstellen der Harzer Wandernadel hinterher bis der Abend näher rückt. Dann
suchen wir uns eine Schutzhütte oder schönes Plätzlein im Wald und genießen das
kleine Mikroabenteuer der Waldübernachtung. Diesbezüglich haben wir uns auch
komplett neu ausgestattet mit Daunenschlafsack, Isomatte und Co. Ob sich das
Material bewährt, erzählen wir mal irgendwann.
Alles dabei, Kocher, Isomatten, Schlafsäcke und vieles mehr. |
Da wir aber auch nicht auf die
Geländetauglichkeit verzichten möchten, sind derzeit Bikepackingtaschen ein
größeres Thema bei uns. Hier nervt es mich wirklich, dass viele Testberichte
erkauft sind. So habe ich viel Geld für mein erstes Taschensystem ausgegeben um
festzustellen, es erfüllt nur zu Bruchteilen meine Erwartungen an ein solches
System. So blieb nur eines, einfach alle in Frage kommenden Taschensysteme
kaufen und selbst testen. Und das mache ich zusammen mit Moni nun auf unseren
Stempeltouren, wir werden berichten.
Ich fahre an der Front Blackburn und hinten Restrap. |
Diesmal haben wir uns Gernrode
als Startort ausgesucht und es geht direkt vom Parkplatz in den Berg. Der
Försterblick mit der Stempelstelle 183 oberhalb von Gernrode will erstrampelt
werden. Der Ausblick entschädigt und die Stempelsammelwut ist wieder entfacht.
Als nächstes fahren wir wieder
runter in den Ort und am Fuße des Berges „Alte Burg“ über den Fürstenweg bis
zur nächsten Abbiegung in den nächsten Anstieg. Es wird kurz richtig steil und
Bäume liegen auch noch quer, doch wir erreichen den Steinbruch „Harzer
Grauwacke“ und Stempelstelle 61.
Es gilt weitere 70 Höhenmeter zu
überwinden, bevor wir „Am Schirm“ ankommen. Die Stempelstelle 182 wurde mal für
die Parforcejagd (Treibjagd mit Pferd und Hund) angelegt vor langer Zeit. Diese
Art der Jagd ist hierzulande aber in der damaligen Form verboten.
Das Schöne an Höhenmetern,
irgendwann darf man sie wieder vernichten. So geht es nun für uns über schöne
kleine Wege abwärts zur Stempelstelle 181 „Forstmeister Tannen Ballstedt“.
Irgendwie eine komische Stempelstelle, die sich uns selbst nach dem Durchlesen
aller Schilder nicht ganz erklärt. Was bitteschön ist die Nachbildung einer
forst-historischen Versuchspflanzung? Ein leeres Stück Waldboden mit dem Schild,
hier wurde versucht ein Baum zu pflanzen?
Bei so viel Hirnaktivität war
klar, mein Magen fühlt sich vernachlässigt. Da Moni mein Magengeräusch kennt,
öffnet sie am Glockenteich ihren Zauberrucksack und lässt mich staunen und den
Gaumen jubeln. So macht der anschließende Kurzbesuch im Schlosspark Ballenstedt
gleich deutlich mehr Spaß.
Die nächste Stempelstelle 180 „Am
Kohlenschacht“ nehmen wir nebenbei mit und müssen etwas über das Gesicht in der
Stempelstelle schmunzeln. Hier wussten wir noch nicht, wie lange uns diese Art
von Kunst an diesem Tag begleiten würde.
Der Bismarckturm (Stempelstelle
199) steht natürlich, wie es sich für einen Turm gehört, oben auf dem Berg. Als
Belohnung gibt es einen kleinen steilen feinen Trail, der uns an eine Straße
führt. Hier fahren 2 Rennradfahrer an uns vorbei mit den Worten „Familie Eggert
mal wieder auf Tour“. Leider habe ich nicht wirklich erkannt wer es war, es war
jedenfalls ein NRT-Trikot dabei.
Das Mausoleum (Stempelstelle 207)
in Meisdorf liegt direkt neben dem Schloss Meisdorf, doch Schloss hatten wir ja
gerade erst und somit verweilen wir hier nicht lange und es geht weiter zur
Konradsburg (Stempelstelle 201). Hier gibt es zu unserer Freude ein Cafe mit
frischen Kuchen. Neben der Stempelkiste hängt eine Glocke mit Seil dran. Ich
sag zu Moni, die haben bestimmt den Klöppel rausgenommen und ziehe kräftig am
Seil. Aber nein, der Klöppel ist noch drin und ich läute gerade die
Kirchenglocken! Schnell springen wir auf die Räder, doch die Leute im Cafe
schauen uns kopfschüttelnd an und hinterher.
Für die Stempelstelle 202
„Degenerhausen“ empfehlen wir mal etwas Brot mitzunehmen. Der kleine Teich
neben dem Stempelkasten ist über und übervoll mit Fischen. Ein Stück Brot im
Wasser löst ein Szenario wie in einem schlechten Piranhahorrorfilm aus.
Die nun folgenden Hügel haben
etwas sehr Besonderes dank der hier weidenden Tiere. Zuerst begrüßen uns die
schottischen Hügel mit einer Herde Galloways. Vom nächsten Hügel sieht man eine
große Herde Harzer Rotvieh und dann ist man auch schon in den Steppen Amerikas.
Die Bisons an der Stempelstelle 86 versprühen etwas Majestätisches, bis, ja bis
das eine Bison dem anderen Bison mit Dünnpfiff an der Tränke auf den Kopf
sch…t!
Stempelstelle 205 „Am Cluseberg“
liegt in einem schönen Tal, dieses verlassen wir um nun die Burg Falkenstein zu
erobern. Doch vor dem Sturm auf die Burg erstürmen wir noch den Sonderstempel
am „Alten Falkensteiner“. Die Burg Falkenstein (Stempelstelle 200) ist schön
anzusehen, die Touristenmassen und der komische Süßigkeitenstand vor der Burg
veranlassen uns aber diesen Ort schnellstens wieder zu verlassen.
Es geht steil ins Selketal um auf
der anderen Flussseite noch steiler wieder die Berge zu erklimmen. Schieben ist
für uns angesagt. Oben werden wir von der Stempelstelle 204 „Selkesicht“ mit
einem gigantischen Panoramablick entlohnt.
Von hier oben geht es wieder
runter ins Selketal zur Stempelstelle 203 „Mettenberg“. Wir folgen nun dem
schönen Talradweg bis zum „Landhaus“. Das Landhaus ist ein kleiner Kiosk und
wir tanken mit leckerem kalten Radler unsere leeren Tanks auf. So aufgetankt
erklettern wir die Burg-Ruine Anhalt (Stempelstelle 197), immerhin 130
Höhenmeter auf nur 800 Meter Weg. Hier im Steilanstieg knackt es in meinem
Hinterrad komisch laut, doch ich kann nichts Verdächtiges finden.
Nachdem wir wieder im Selketal
sind, führt uns ein wunderschöner Weg entlang der Selke zur Stempelstelle 179
„Friedrichshammer IV“. Wir erspähen einen schönen Biergarten, doch leider wird
uns mitgeteilt „schon geschlossen“. Die noch auf den Bänken sitzenden Wanderer
mit ihren Bierhumpen in der Hand schauen uns mit einer Mischung aus Mitleid und
„ätschibätsch“ an. Es folgt ein wirklich schöner Trail direkt entlang der Selke
bis nach Mägdesprung.
In Mägdesprung verlassen wir mal
wieder das Tal um die Köthener Hütte zu erklimmen. Wir verlassen die Straße,
biegen ein in einen Trail und zackbumm trete ich ins Leere. Irgendwie habe ich
mir den Freilauf samt Kassette aus der Nabe gerissen. Ich vermute, dass der
Freilauf bei dem Sturz eine Woche vorher in Dassel doch mehr abbekommen hatte,
als ich und der Service (wo das Laufrad zur Wiedereinspeichung war) gesehen
haben.
Wir beschließen den Aufstieg zur
Köthener Hütte (Stempelstelle 195) schiebend zu beenden und oben mal genauer
das Rad zu inspizieren. Oben angekommen steht schnell fest, an eine Weiterfahrt
ist nicht zu denken. Wir entschließen uns die Nacht hier an diesem schönen Ort zu
verbringen.
Während ich die Terrasse fege,
das Nachtlager bereit und nebenbei die Suppe koche, düst Moni weiter nach
Harzgerode, um an der Tankstelle einige Radler zu besorgen. So verbringen wir
die Abendstunden an diesem wunderschönen Ort mit einer leckeren Suppe im Bauch
und leckeren Radlern zum Nachspülen.
Einzig dieses Gesicht mit diesen
komischen Augen an der Tür, lässt uns immer wieder kurz schaudern. Schon
komisch, wenn man nachts wach wird und als erstes in die Augen von „diesem“
Gesicht schaut.
Bild aus dem Netz, aber hier sieht man schön die schöne Lage der Hütte. |
Wir werden von der Sonnen und dem
Motorradlärm aus dem Tal geweckt. Ich ziehe meine bunte Radhose an, schlüpfe in
meine Badelatschen und marschiere mit etwas Papier unter dem Arm los um meine
Morgenandacht zu vollrichten. So wie ich nur mit meinen Latschen und der bunten
Lycra-Radträgerhose durch den Wald marschiere kommen mir 2 schwitzende Wanderer
entgegen. Ich grüße freundlich mit einem „gudden Morsche“ und schlürfe an ihnen
vorbei. Diese 2 ratlosen irritierten Gesichter werden mir lange in Erinnerung
bleiben.
Wer haben nun 2 Möglichkeiten: Zurück
mit der Selketalbahn oder bei dem schönen Wetter eine längere Wanderung und das
Rad schieben. Wir entscheiden uns für die Wanderung, denn immerhin müssen wir
ja nur bergauf wandern, bergab kann ich rollen.
Gesagt, getan und schon bald sind
wir am Bremer Teich und Stempelstelle Nr.196. Da Moni mich im Flachen immer
schieben musste, galt es nun ihren Tank aufzufüllen an einer der zahlreichen
Einkehrmöglichkeiten hier am Teich.
Zum Glück war der höchste Punkt
von hier nicht weit entfernt und kaum, dass wir diesen erreicht haben, konnte
ich bis zum Auto rollen ohne dass Moni mich erneut anschieben musste. So haben
wir trotz Defekt noch einen schönen 2. Tag im Harz verbracht.
Leider habe ich daheim bei der
genauen Betrachtung des Schadens am Hinterrad festgestellt, dass das Rollen mit
dem defekten Hinterrad im Nachhinein nur als „dumm“ bezeichnet werden kann. Die
gelöste Kassette hat sich nämlich durch das Aluschaltauge ins Carbon reingefräst.
Dies hatte ich weder gespürt noch gehört beim Rollen. Ich glaube, ich habe nun
meinen Abschluss mit dem Thema Carbon gefunden…ich werde meine Materialwahl
komplett überdenken, zumindest denke ich dies derzeit.
Ich könnte heulen... |
Erfreulich für dieses Wochenende,
die Fronttaschen von Blackburn und Vaude haben super funktioniert. Die
Reifenfreiheit bei der Blackburn ist gigantisch, doch dazu irgendwann in einem
anderen Bericht mehr.