Freitag, 4. Februar 2022

Mit den Wolkenfetzen kamen die Tränen

 

Da waren wir, sieht so easy aus von hier.

Eigentlich ist Ingo S. daran schuld, dass ich mit Moni die letzte Zeit öfters auch mal Wandertouren unternehme. Kleine Touren haben wir auch früher gemacht, aber der Aufstieg zum Gr. Rettenstein sorgte dafür, dass Moni nun öfters die Wanderschuhe anzieht.

Doch warum denke ich gerade heute an die Tour? Ganz einfach, draußen regnet es und kleine kalte Nebelschwaden ziehen am Fenster vorbei. Somit die exakt gleiche Situation wie beim Aufstieg zum Gr. Rettenstein. Doch nun wie so oft von vorne:

Dafür waren wir eigentlich in den Bergen

 

Eigentlich sind wir zum Mountainbiken in den Kitzbüheler Alpen, aber das Wetter verdirbt einem jede Lust auf Trailspaß. Noch dazu muss ich zugeben, der Schnaps vom Vortag ist irgendwie noch nicht zu 100 % verdaut und abgebaut und darum bin ich froh, dass an diesem morgen keiner zum Radtourenaufbruch drängelt.

Und gerade als ich mich so richtig entspannt auf einen gemütlichen Vormittag einstelle, kommt Ingo von seiner morgendlichen „Sitzung“ und verkündet: Auf den Großen Rettenstein wollte ich schon immer mal.

Na und, denke ich mir, fahren wir eben morgen bei Sonnenschein hoch und sinke tiefer in den Sessel. Doch Thomas zeigt sofort Interesse und fragt, wie hoch ist der Berg? 2.366 Meter, verkündet Ingo wie aus der Pistole geschossen und fügt aber auch gleich hinzu, bei dem Wetter eigentlich Schwachsinn da hinaufzugehen. Perfekt, er sieht es selbst ein, ich sinke noch tiefer in den Sessel und zottel mir die alte Wolldecke auf den Beinen zurecht. 

Da kommt Ingo D. aus seinem Zimmer und fragt, gibt es da einen guten Weg hoch? Und Ingo S. gibt als Antwort: Bestimmt, aber wir hätten bei den Wolken da oben eh keine Sicht und die letzten Höhenmeter müssen wir klettern. Meine Tiefenentspannung wird größer und ich bin schon fast am Einschlafen, denn wenn sich jemand selbst Gegenargumente liefert... Doch nun kommt Moni ums Eck und teilt uns mit: Okay, Rucksack ist gepackt, kann losgehen, wo geht es hin? Ach egal, auf geht´s!

Ich traue mich fast nicht die Augen zu öffnen, da ich aber von den anderen keine Widerworte vernehme, öffne ich meine Augen und Madam steht mit den Händen in den Seiten vor mir und meint: Los, wir gehen bissel spazieren. Hä? Hat mein Frauchen nicht zugehört? Bissel SPAZIEREN!

Doch die anderen sind bereits am Schuhe anziehen, somit bleibt mir nichts weiter übrig als mich auch fertig zu machen. Ruckzuck sitzen wir im Auto, halten in Aschau bei Kirchberg kurz am Lädchen an, um bissel Proviant zu kaufen, um nur wenig später unser Auto am Wanderparkplatz an der Ebenaualm abzustellen.

es geht los

Als erstes kleines Highlight erreichen wir die Hängebrücke am Wasserfall Spertental. Der Bach „untere Grund-Ache“ führt dank des Regens einiges an braunem Wasser. 





 

Für uns geht es ab in den Anstieg und hoch zur Sonnwendalm. Der Regen nimmt ständig zu und ich bin in meinen Schuhen bereits am Wassertreten. Zum Glück stelle nun nicht nur ich mir die Sinnfrage unseres Vorhabens. 

 


Die Wege verwandeln sich in Bäche




Weiter gehen?
 

Doch während wir im Regen stehend, das Für und Wider der Fortsetzung der Tour bei diesem Wetter bereden, hört es auf zu regnen. Fast so wie bei Forrest Gump im Vietnam-Dschungel, als von einer Sekunde auf die andere der Regen aufhörte. 






Somit ist klar, wir gehen weiter. Der Weg führt uns entlang des Schöntalbachs zur Schöntalalm. Wann immer die Wolken einen Blick zurück ins Tal zulassen, ist man nur am Staunen wie schön es hier ist. 


Der Blick ins Tal, yeaha.



 

Der Weg wird kleiner und kleiner und plötzlich steht man vor einem großen Warnschild. Man könnte auch sagen, ab hier wurde es wirklich alpin. Während alle am Grinsen sind für schöne Bilder, bin ich am Keuchen und Zischen wie eine alte Dampflock. Boaha geht das hier aufwärts. 





Nicht nach hinten schauen Frank!

 

Und als der Weg nicht mehr als Weg erkennbar ist, sitzt da plötzlich ein junger Mann zwischen den Felsen. Junge haben wir uns erschrocken, er teilt uns mit, dass er etwas Höhenangst hat und deshalb hier auf seine 2 Kollegen wartet. Wir klettern weiter dem Gipfel entgegen und sehen irgendwann das Gipfelkreuz zwischen den Wolken. 









Gipfelkreuz in Sichtweite JUHUUUU!

 

Oben angekommen gratulieren wir uns gegenseitig und Thomas, Ingo und Ingo können nun nicht glauben was Moni und ich aus den Rucksäcken zaubern. Zum Anstoßen für jeden ein Gösser Radler und für den Magen eine Fleischwurst aus der alten Heimat des Lieblingsmetzgers Kratz. Wir genießen den erfolgreichen Aufstieg, die kulinarischen Gaumenfreuden und die Gemeinschaft. 






Gipfelbuch-Zettel

 

Wir laufen hin und her, machen Bilder und Sprüche bis…bis plötzlich die Wolken für einige Sekunden die Sicht freigeben. Jetzt erkennen wir auf welch schmalem Grat wir sitzen, und sehen die einige hundert Meter hohe Felswand und ganz plötzlich sitzen wir alle ruhig und andächtig zusammen und beschließen den Abstieg. Allerdings muss ich zugeben, jetzt da wir gesehen haben, wo wir wieder runter müssen, waren die Beine irgendwie weich wie warme Butter. 



Plötzlich lassen die Wolken den Blick in die Tiefe zu.

Mal runterschauen...

...zack, bissel Wackelpudding in den Beinen.

 

Aber der Abstieg verläuft ohne Probleme und immer öfters lassen die Wolken einen wunderschönen Blick ins Tal zu. 








 

Wir biegen ab auf den Spießnägel-Kammweg und dieser Weg ist ein absolutes Wanderträumchen. Keiner redet, jeder ist einfach nur am innerlichen Genießen. 







 

Am Hirzecklacke, einem wunderschönen kleinen See auf dem Grat der Spießnägel, erlaube ich mir den Anblick der leicht über den Grat schwappenden Wolkenfetzen mit der Melodie von den Hochebenen der Herr der Ringe zu untermalen. Uff, dieser Anblick, die Melodie, der Moment, die anwesenden Personen, vor Freude werden meine Augen feucht. Ich vernehme leichte Schritte hinter mir, schnell wische ich mir die Freudentränchen aus den Augen und drehe mich um. Doch Ingo nickt nur und ich sehe auch bei ihm die gleiche Augenreaktion. 







So so schön hier am See

 

Doch nun genug Männermimimi. Es geht nochmal ein Stück aufwärts über den Kamm zu den „Spießnägel“ auf 1.881 Meter über dem Meer. Ingo packt seine Drohne aus und es gibt ein schönes Gipfelkreuzfoto. Schade, dass es für die Drohne oben auf dem Rettenstein zu windig und bewölkt war. 

Schnell wieder Kaspern bevor einer die Tränchen sieht.





Der große Rettenstein und sein schönes Tal

 

Für uns geht es nun steil bergab, vorbei an Kühen und hinein in so manch einen Kuhfladen zur Hirzeggalm. Aber leider sieht die Alm geschlossen aus, obwohl der Kuhstall offen ist. Egal wir setzen uns trotzdem hin und plötzlich fliegt die Tür auf. Maria steht da und sagt im besten Dialekt: Jo mei, ihr schauts aus, als ob ihr erstmal einen Schnapsel braucht! 

Schnell vorbei

Trau dich Thomas, los...




 

Leider müssen wir diesen nicht nur kulinarisch schönen Ort auch mal wieder verlassen, denn die Zeit drängt und im Dunkeln wollen wir nicht die restlichen Kilometer zurücklegen. Wir genießen die letzten Meter ins Tal über den Hirzegg Jägersteig. Unten angekommen laufen einige Kühe an uns vorbei und schauen uns an, als ob sie sagen wollen: Muhhhhhhh, wo kommt ihr denn her? 




 

Was für eine geniale Tour. Danke Ingo S. für die Idee den Rettenstein zu bezwingen, danke Thomas fürs in den Arsch treten unterwegs, danke Moni für die Fleischwurst auf dem Gipfel und danke Ingo D. für deinen ewig fröhlichen Gesichtsausdruck.

Daten:

Meine Aufzeichnung hatte ich damals nicht laufen, ich habe die Tour mal auf Komoot nachgeklickert.

 
Die meisten Bilder in diesem Bericht sind von Ingo.

Er hat auch immer ein Auge für die kleinen Schönheiten.

In diesem Sinne, wir sehen uns.

 

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