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Die Pferdegrippe im Tal... |
Da ich wegen einer Prüfung
Richtung Sennfeld musste, lag nichts näher als mal zu schauen, was es dort für
Radwege gibt. Und siehe da, der Kocher-Jagst-Radweg verlief nur wenige
Kilometer entfernt. Kurz gegoogelt und mit offiziellen 338 Kilometern für ein
Wochenende als machbar eingestuft. Ich also Anfang der Woche mit dem Zug runter
und Moni am Freitag mit unserem Langstreckenbomber hinterher.
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Götzenburg in Jagsthausen |
Tag 1 von Jagsthausen nach
Jagstheim
Gegen 13:00 Uhr hatten wir Abfahrbereitschaft
in Jagsthausen hergestellt und strampelten los. Schon kurze Zeit später standen
wir im Kloster Schöntal und ich erinnerte mich daran hier einen meiner ersten
Stempel in meinem Pilgerausweis damals auf meiner langen Radreise nach Spanien
bekommen zu haben. Was damals folgte war eine 4.800 Kilometer lange
Traumradtour quer durch Europa, aber das ist eine andere Geschichte.
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Kloster Schöntal |
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he - es gibt doch mich... |
Die Tour heute
geht weiter flussaufwärts entlang der Jagst und wir kommen durch Krautheim,
Dörzbach und Mulfingen. Kurz hinter Mulfingen geht es leicht bergab auf eine
Straße zu, aber irgendwie will meine Bremse nicht so wie ich. Exakt das gleiche
Problem wie in Bad Salzdetfurth mit meiner Vorderradbremse habe ich nun mit
meiner Hinterradbremse. Ohne ersichtlichen Grund und ohne Vorwarnung 90 %
Bremskraftverlust. Naja denk ich mir, bei so einer Flusstour wird auch eine
Vorderradbremse mit etwas Unterstützung von hinten ausreichend sein, also
weiter.
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Unter, über und... |
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...drüber. |
Vorbei am beeindruckenden
Langenburg kämpfen wir uns hoch zur Ruine Leofels, da wir aber überall nur
Baugerüste sehen, fahren wir direkt weiter nach Kirchberg. Wir entdecken eine
kleine schöne Bäckerei mit Cafe und kehren ein. Ich sag zu Moni „Irgendwie
sitze ich heute komisch auf dem Bike und mir tun die … (das, wovon Kahn sagte,
wir brauchen mehr) richtig weh!“ Nach einigen Kaffees und Schokobananen gehen
wir raus und montieren die Lichter für die Nacht. Dabei entdecke ich, dass mein
Sattel in der Mitte gebrochen ist. Kein Wunder, dass mir da unten alles
schmerzt. Na das ist ja mal ein Start in eine Tour, Bremse defekt, Sattel
gebrochen und noch 270 Kilometer vor uns.
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Trotz bedeckten Himmel gibt es einen schönen Sonnenuntergang |
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Alle Ortschaften haben vorbildliche Ortspläne am Wegesrand |
Im Dunkeln der Nacht fahren wir
weiter bis nach Crailsheim und stürmen 5 Minuten vor Ladenschluss in ein
ZEG-Geschäft. Die Damen hinter der Theke zögern nicht lange, bauen meinen
Sattel ab und einen neuen an. Da nun aber unsere Mägen knurren ist es an der
Zeit, ein Nachtquartier zu suchen. Die Jugendherberge im Schloss Rechenberg ist
ausgebucht, also telefonieren wir unsere Gasthofliste flussaufwärts ab. Was
sich zu dieser Jahreszeit aber auch nicht als einfach erweist, da die meisten
geschlossen haben oder ausgebucht sind. Im Gasthof Rose in Jagstheim bekommen
wir zum Glück eine positive Antwort. Also wieder auf unsere Bikes und die
letzten 7 Kilometer für heute angehen. Unterwegs erzähle ich Moni, dass mir
heute Abend eine Kleinigkeit zum Abendessen ausreicht und so fahren wir weiter
Richtung Jagstheim und unterhalten uns über Salate und „leichte Suppen“.
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ja, sowas gibt es noch in Deutschlands Gästezimmern |
Wir entdecken die Leuchtreklame des urigen
Gasthofes, fahren auf den Hof und meine Nase tanzt Zumba. Ganz klar der Duft,
der hier in der Luft liegt, kommt von Knödeln, Rotkraut und irgendeinem Braten.
Der Gastraum geschmückt mit toten Tieren erfüllt auch sonst alle Klischees, die
man so von einem Landgasthof mitten im Nirgendwo hat. Ich entdecke die
Tagesempfehlung: Gänsebrust mit Blaukraut und Knödeln, der Wunsch nach einem
leichten Abendessen hat sich in Luft aufgelöst. So kommt es, dass wir 30
Minuten später frisch geduscht im Gastraum sitzen, Moni einen Glühwein vor der
Nase und ich ein Cola-Weizen, und auf unser Mahl warten. Bei Moni wird ein
Rehbraten mit Semmelknödel serviert und bei mir eine Klößchensuppe mit feinsten
„Lebberknöpp“ als Vorspeise. Gefolgt von einer Gänsebrust mit Knödel und
Blaukraut wie sie nur eine Köchin mit vielen
Jahren Erfahrung zaubern kann und zum Abschluss gönnen wir uns noch ein
Hasselnussnougatmouse auf Orangen mit Maracujaeis. Ja ja, so kann ein leichtes
Abendessen bei uns aussehen!
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unser leichtes Mahl |
Tag 2 Jagstheim – Schwäbisch Hall
Nach einem stärkenden Frühstück geht
es zurück auf die Radelpiste. Unser nächstes Ziel Ellwangen für ein 2.
Frühstück. Der Radweg frisst mit seinen ständigen kleinen Steigungen sofort
wieder an den Kraftreserven. Doch bei schönstem Sonnenschein gelangen wir nach
Ellwangen und alle Anstrengung wird mit einem guten Kaffee auf dem Markt weggespült.
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blauer Himmel |
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Ellwangens Markt |
Nun sollte der anstrengendste Wegeabschnitt kommen. Aufstieg von Lauchheim aus
dem Jagsttal zur Karpfenburg und über
den Wöllerstein rüber zum Kochersprung ins Kochertal. Aber auch dies meistern
wir mit einem gewohnten Schnaufen in der Auffahrt und einem Dauergrinsen in der
Abfahrt. Und kaum im Kochertal angekommen befinden wir uns auch schon in der
Altstadt von Aalen. Hier machen wir eine Radl-Kurz-Sightseeing-Tour und
entscheiden uns für eine Metzgerei mit Sitzplätzen für die Mittagspause.
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Burgen und Schlößer auf jedem Hügel |
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Karpfenburg |
Und
als wir in unsere Pizza-Fleischkäsebrötchen beißen wussten wir auch, dass es
die richtige Wahl war. Ein kurzer Blick in die Rad-Karte und Abtsgmünd 15
Kilometer flussabwärts als Ort für unsere nächste Kaffeepause ausgemacht.
Verlief die Wegeführung bisher über Feld- und Waldwege oder einsame kleine
Straßen gab es ab Abtsgmünd das krasse Gegenteil. Entweder musste man direkt
auf der Straße oder einem Radweg direkt daneben fahren, was bei dem Verkehr
beides keinen Spaß machte. Wenigstens ging es dafür immer leicht bergab und die
Landschaft rauschte fast so schnell wie die Autos an uns vorbei. Kurz vor dem
Ort Laufen dann ein Radwegumleitungsschild. Eigentlich eine gute Sache, wenn
man nicht in einem tiefen Flusstal stehen würde und einem sofort klar ist, die
Umleitung kann nur über einen bösen Anstieg erfolgen. Und so sollte es auch
kommen und die Umleitung führte uns hoch nach Krasberg mitten in eine Treibjagd
rund um das „Dorf“ Weiler.
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Krass der Krasberg |
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kleine Wilde Flussabschnitte |
Die Temperatur hier oben ist merklich kühler als im
Tal und so freuen wir uns als wir wieder unten im Tal durch Gaildorf fahren und
wieder auf dem eigentlichen Radweg sind. Der Wegeabschnitt von Gaildorf nach
Schwäbisch Hall gefällt uns richtig gut, immer etwas oberhalb vom Tal entlang
der Bergflanke gelangen wir nach Rosengarten. Wir zücken unsere Telefonliste
und rufen wie immer zuerst die Jugendherberge an und bekommen diesmal auch ein Zimmer, aber
sind zu spät dran für das Abendessen. Also gehen wir in einem Supermarkt für
ein fulminantes Abendmahl einkaufen und staunen nicht schlecht, als wir aus dem
Supermarkt wieder rauskommen.
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mehr brauchen wir nicht, also nicht immer |
Im Dunkeln der Nacht haben sich wohl heimlich
Regen- bzw. Schneewolken über uns ausgebreitet. So fahren wir durch einen Regen
mit einigen Schneeflocken die restlichen Kilometer nach Schwäbisch Hall. Der
Anblick der beleuchteten Kirche und Burg an den Hängen gepaart mit den schönen
alten Holzbrücken und der plätschernden Kocher
lässt die Nässe und Kälte aber voll vergessen und wir fahren mit offenen
staunenden Mündern in Schwäbisch Hall ein. Und klar, die Jugendherberge ist mal
wieder ganz oben über der Stadt…
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Schuh an, Schuh aus |
Tag 3 Schwäbisch Hall – Neckar –
Jagsthausen
Yeaha, mit so einem Ausblick über
die Stadt startet man gerne in den Tag. Wenn, ja wenn da nicht die vielen
Regentropfen wären. Aber sofort erkennen wir auch den Vorteil der Tropfen, wann
sonst hat man die Treppe vor dem St.Michael in einer der meist besuchten Städte
des Süden Deutschlands mal nur für sich?
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Moni am St. Michael |
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Die Treppe nur für uns, na wer hat noch so ein Bild? |
Der Radweg führt nun immer schön
entlang des Flusses und wir kommen gut voran. Die Füße sind nach nur wenigen
Kilometern in der Grundnässe für den restlichen Tag. Aber Regen hin, Regen her,
es ist auch nur eine Wetterlage wie alle anderen auch und so haben wir wenigstens
die Liegestühle entlang der Kocher für uns alleine.
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Winteräpfel, zuckersüss und kostenlos |
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komisch, keiner macht Moni den Platz streitig |
In Künzelsau entdecken wir noch
einen schönen Unterschlupf für den Starkregen und ich einen neuen Freund, der
aber nicht weiter mit uns mit wollte. Egal, nach einigen Rosinenbrötchen und
viel warmen Tee geht es nun auf den letzten Abschnitt entlang der Kocher.
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der kleine Regenschutz |
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Training für den Jakobsweg per Esel |
Noch
ca. 50 Kilometer bis zur Mündung der Kocher in den Neckar bei Bad
Friedrichshall und es hört nicht nur auf zu regnen, nein es kommt sogar die
Sonne wieder raus. Allerdings haben wir uns Bad Friedrichshall etwas anders
vorgestellt und bevor die Enttäuschung zu groß wird, machen wir uns nach einem
Foto vom Neckar sofort wieder auf ins Jagsttal. Auf dem Weg kommen wir an einer
großen Gärtnerei vorbei und sehen dort im Hinterhof einen Art Weihnachtsmarkt.
Also Blinker gesetzt und ab auf den Hof. Dass wir vorne für die
Weihnachtsausstellung hätten Eintritt bezahlen müssen, wurde uns erst klar als
wir die kostenfreien super leckeren Waffeln verschlungen und mit dem
kostenlosen warmen Getränken runtergespült hatten und wir als einzige nicht
Kleid oder Krawatte tragende Personen bestimmt nur wegen unseres evtl. nach
Schweiß riechenden Klamotten aufgefallen sind. Aber auch ohne unsere großzügigen Spende in
den Spendentopf waren wir auch hier gern gesehene Gäste mit mehr Publikum
wie der Nikolaus und seinem großen Sack am Nachbarstand.
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Kleiner Bikepark am Wegesrand |
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Die Sonne kommt immer wieder zu uns durch |
Bei Möckmühl stoßen wir auf ein
Schild mit der Aufschrift: „Ab hier beginnt der schönste Wegesabschnitt entlang
der Jagst“. Nachdem wir diesen Abschnitt auch hinter uns hatten, können wir
alle zukünftigen Jagst-Kocher-Radweg-Fahrer beruhigen. Nein, dies ist definitiv
nicht der schönste Abschnitt. aber eben auch nicht der hässlichste.
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Naja |
Die letzten 10 Kilometer ab
Widdern haben wir unsere Sachen dann doch noch während der Fahrt waschen
dürfen. Von oben gab der liebe Petrus alles damit wir im Auto auf der Rückfahrt
nicht „erstinken“.
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Kurz vor dem Ziel wurden wir richtig nass |
Zusammenfassend können wir sagen
der Kocher-Jagst-Radweg hat eigentlich mehr als nur 2 ½ Tage für seine
regulären 338 Kilometer verdient. Viele schöne Ortschaften, Städte, Burgen und
Klöster laden entlang des Weges zum Verweilen ein. Aber nicht zu dieser
Jahreszeit, die allerdings viele andere schöne Facetten wie goldenes Laub
bietet.
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Der Herbst macht richtig Spaß |
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Und wehe wenn die Sonne kommt, perfektes Farbenspiel |
Wir haben 352 Kilometer mit
immerhin 2.409 positiven Höhenmetern auf diesem „flachen“ Rad-Rund-Weg
zurückgelegt. Und wer hätte es gedacht, unterwegs haben wir viele, viele neue
Ideen für weitere Touren gefunden.
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Wieder am Bus hörte es auch wieder auf zu regnen... |
Viele weitere Bilder der Tour findet ihr HIER
Schöne Strecken-Beschreibung samt GPS-Daten bei GPSIES - HIER KLICKEN
Kartenmaterial hatten wir -
man muss aber auch erwähnen das man sich eigentlich nicht verfahren kann dank der perfekten Beschilderung.
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sehr gute Beschilderung |
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und falls man mal nicht weiter kann gibt es "Buswarteheute" |
ganz toll, den bericht habe ich eben richtig genossen.
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