Mittwoch, 19. Oktober 2016

Kapitel 2 - Indien - Neu-Delhi an einem verdammten Tuk-Tuk-Tag



Tuk Tuk fahren, eine Welt für sich.


Präambel


Nachdem ich Moni in Venedig aus dem Kajak heraus um ihre „Hand“ gebeten habe, wir im Harz eine 5-tägige Hochzeitsause gefeiert haben, stand nun unsere Hochzeitsreise in den Himalaya an. 


Kapitel 2 Neu-Delhi an einem verdammten Tuk-Tuk-Tag


Der Tuk-Tuk Fahrer zieht raus und orientiert sich an der Linie zwischen der 2. und 3. Fahrspur.  „Was wollen wir sehen?“ lautet die Frage des Fahrers und wir antworten gleichzeitig mit einem Grinsen „Alles!“.  Er nickt, geht in die Eisen, verursacht rund um uns ein Hupkonzert, dreht sich um und sagt: „Dann müssen Sie mich den ganzen Tag bezahlen!“. Mit Panik in den Augen beobachten wir den von hinten ankommenden Verkehrsfluss, den wir wie ein Fels in der Brandung aufteilen mit unserem kleinen Tuk-Tuk. 

Unser Fahrer hat sein Tuk Tuk unter Kontrolle, wir reden es uns oft ein!


Ich brülle nach vorne, „Ja ja!“ und sofort setzt sich das Tuk-Tuk wieder in Bewegung. Doch leider rutscht mir die Frage „Wie viel?“ aus dem Mund und schon steht das Tuk-Tuk wieder. 


„1.500“ schreit der Fahrer mit einem Grinsen. Mit fragenden Augen schaue ich meine Finanzministerin an, wie war der Kurs? Doch Moni krallt sich gerade mit aller Kraft in den Sitz und schaut mich nur mit großen Augen an. Von vorne brüllt der Fahrer „1.500, okay Sir?“ Von hinten fängt ein LKW an seiner Hupe Taten folgen zu lassen und schuppst uns vorsichtig an. Man, denk ich mir, die gehören doch zusammen. „Okay Sir, 1.500?“ „Nein, 500!“ rufe ich nach vorne, mit irgendwas muss ich ja anfangen. Der Fahrer lacht und verschränkt die Arme, der LKW schiebt nun richtig von hinten am Tuk-Tuk. 

Police, ja wo ist die Polizei wenn man sie braucht?



„1.300 Sir, ich habe Familie!“ kommt von vorne, neben mir schaltet sich Moni ein „75, 1 zu 75 ist der Kurs!“. Ich rufe nach vorne „750“ und komme mir gleichzeitig richtig blöde vor, ich biete hier einem Mann samt Tuk-Tuk gerade 10 Euro, um uns die nächsten 10 Stunden sicher durch Delhi zu fahren. Doch zu unserem Erstaunen greift er zum Lenker und fährt los. „Okay Sir, 750 bis 1.000 wenn sie nicht zufrieden sind. Meine Name ist Neeraj und Sir, sie geben mir mehr wenn sie mit mir zufrieden sind!“. Das klingt fair und wir wollen nicht wieder mitten auf der „Autobahn“ stehen bleiben, wir  rufen „Deal“. 


Ein von uns ausgesuchtes Ziel war der „Counought Place“, eine Einkaufsmeile mit Charme steht im Führer. Unser Fahrer sagt, wenn ihr unbedingt wollt fahr ich euch hin, wir bestehen darauf. Leider, muss man sagen, ein Betonplatz mit durchgehend auch in Europa bekannten  Geschäften und Marken. 

Zentralgebäude am Counought Place, naja.



Nun führt uns unsere Fahrt an vielen historischen Gebäuden vorbei, doch wir sind mehr von dem Verkehr und dem Leben am Straßenrand fasziniert und zugleich auch sehr irritiert. Armut wechselt innerhalb von wenigen Metern mit gigantischem Reichtum ab. Jeder, der es sich leisten kann, hat eine ganze Armee an Wachsoldaten vor der Tür stehen und selbst mitten auf den Straßen sieht man immer wieder Soldaten mit MG-Nestern. 

Viele Kulissen fliegen an uns vorbei.

...ein Brunnen...

Keine Ahnung was es war, aber unser Fahrer sagte das Gebäude im Hintergrund sei wichtig!



Unsere Reise führt uns nun zum 240.000 m³ umfassenden Rashtrapati Bhavan „Haus des Präsidenten“. Amtssitz und Residenz des Staatspräsidenten und vieler Ministerien. Von hier sieht man auch das große „India Gate“ (offiziell All India War Memorial), ein Triumphgbogen mit den Namen von 90.000 Kriegstoten des ersten Weltkrieges. Ein komischer Triumph…

Präsidentenpalast

Nebengebäude des Amtsitzes.

Blick Richtung India Gate

Marsch durch und drumrum um den Palast.


Ein sicherer Platz auf Indiens Straßen, der Mittelstreifen.
 
Einfach auf dem Mittelstreifen bleiben, da hupt auch keiner.
Fast am India Gate, natürlich stellt uns der Fahrer für das Bild auf den Mittelstreifen.


Das Leben um das India Gate ist aber faszinierend. Kinder baden in den angrenzenden Brunnen, Frauen waschen Kleidung und dazwischen stehen viele Straßenhändler. Doch uns wird es etwas zu viel, die Hitze, die Menschenmenge, die vielen Fahrzeuge. Wir sind froh einen festen Fahrer mit seinem kleinen Tuk Tuk als Erholungsinsel zu haben. 

Monis Wasserkauf, diesmal mit Banderole.

Verkaufsstände

Brunnenleben

War Gemüse und anderes Trockenzeug.

Obst frisch aufgeschnitten, schmeckt super bei der Hitze.

India Gate

Tätowierung gefällig?

Mobiler Straßenstand.



Weiter geht es ins Gandhi Museum, zum Gandhi Grabstein und noch zu vielen anderen Einrichtungen und Tempeln. Kultur im Takt des Tuk Tuk Motors, wir sagen Neeraj bring uns bitte an einen Ort der Ruhe. Er bringt uns zum Lodhi Garden. Eine große Parkanlage mit mehreren Mausoleen und anderen Bauten aus dem 15. und 16. Jahrhundert im indischen Stil. Und tatsächlich, hier kommt man etwas zur Ruhe aber es gibt nirgends etwas zum Futtern im Park. 

Keine Ahnung was es ist, lag im Dreck.

Kurzer Entspannungsmoment im Museum.

Da hinten liegt "er" drin.

Welt-Frieden-Gong

Gewisse Zeichen gab und gibt es schon lange vor der europäischen Geschichte.

Gandhimuseum

Mausoleum

Noch ein Mausoleum

Oh, noch ein Mausoleum im Park.

Was könnte dies wohl sein?


Also zurück zum Tuk Tuk und Neeraj versteht. Er fährt uns in ein klimatisiertes Restaurant mit gehobener indischer Küche. Danach versucht er uns noch in einige Basare zu lotsen, doch wir danken und lassen uns zum Roten Fort fahren. Unterwegs queren wir ein Muslimisches Viertel und da hier ein Feiertag bevorsteht sind die Straßen mit Ziegen überflutet. Einige der Ziegen werden auch direkt auf dem Gehweg geschächtet, ein für uns absolut ungewohnter Anblick. Als ich die Kamera auspacke um ein solches Ritual und andere Szenarien hier zu fotografieren gerät unser Fahrer Neeraj in echte Panik und schreit mich regelrecht an: „No Pictures, they will kill us!“ 

Monis erstes indisches Essen...logo Pizza!

Stand zum Verkauf für 1.000 Rupien. Schade, dass ich kein Platz im Gepäck hatte.

Aus Rücksicht zeigen wir nur lebende Ziegen.



Seine geweideten in Panik versetzen Augen lassen erahnen, er hat wirklich Angst, welche sich nun auch auf uns überträgt. So sind wir ganz froh als er uns zwischen vielen Soldaten aussteigen lässt und sagt: „Ab hier seid ihr wieder sicher bis zum Eingang ins Rote Fort!“. Am Kartenhäuschen eine gigantische Schlange, wir stellen uns an und werden von fast allen sehr komisch angeschaut. Ein Mann kommt auf uns zu und sagt, wir „Ausländer“ dürfen direkt nach vorne an den freien Schalter. Und tatsächlich, vorne gibt es einen freien Schalter, doch als ich lese warum, werde ich schon fast etwas sauer. „Inder“ 30 Rupien, „Ausländer“ 500 Rupien und für „nur“ 1.500 weitere Rupien bietet der Mann sich nun auch noch als Guide an. Zum Glück hat er in diesem Moment nicht verstanden was ich ihm als Antwort gegeben habe. Harmlos ausgedrückt „Schleich dich!“.

Aprilscherz, leider nein.

500 vs 30

Außen am Roten Fort entlang

Kurz vor dem Eingang



Im Roten Fort, welches wirklich unerwartet groß ist, mit seinen Parkanlagen, Verteidigungsanlagen und vielen mehr spüren wir immer mehr die Hitze und vor allem die Reisemüdigkeit. Wir legen uns auf eine Wiese sehr bewusst in die Nähe von einigen Wachsoldaten. Alle, aber wirklich alle und es waren mehr als tausend Menschen, die nun an uns vorbei laufen, lachen, kichern oder schütteln den Kopf wenn sie uns sehen. Viele machen auch einfach Bilder von uns wie wir da so schön im Gras liegen. Da die Sonne aber wandert und der Schatten eines großen Schildes von uns weicht stehen wir auf. Erst jetzt sehe ich die Zeichen auf dem Schattenspendenden Schild: „Sitzen und liegen auf dem Rasen verboten!“ 

Kurz hinter dem Eingang!

Die Menschenmassen verteilen sich wieder.

Wunderschöne Gebäude im Fort.

Wer möchte sich nicht auf diese saftig grüne Wiese legen?



Wir machen uns auf den Rückweg, drängeln uns durch die Menschenmassen, die Ziegenherden und die schreienden Händler zu unserem Tuk Tuk, zu unserem Neeraj. 

Neeraj macht ein Nickerchen.


Unser Fahrer fragt was wir noch sehen wollen, doch wir sagen wir haben genug, bitte zurück zur Busstation. Dort angekommen bezahlen wir Neeraj mit einem wirklich großzügigen Trinkgeld. Da wir noch Zeit haben und neben uns im Gebäude überraschend viele Menschen verschwinden und mit großen Tüten wieder rauskommen, gehen auch wir mal dort hin. Ein Kleiderbasar von gigantischem Ausmaß. Auf Türmen von Klamotten stehen die Händler und schreien Preise und außen rum zanken sich die Frauen um die besten Stücke. Zu viel für uns, wir ziehen uns zurück und finden neben einem kleinen Tempel, in der Nähe der Busstation wirklich einen für Neu-Delhi ruhigen Platz. 

Stadtleben

Berge von Kleidung



„Sir, hello Sir!“ ertönt es neben mir und ein kleiner Mann wackelt an meiner Schulter. Ich mache die Augen auf, es ist bereits dunkel in Neu-Delhi. Ich schaue neben mich, da sitz Moni zusammengekauert und schläft. Ich greife schnell Richtung Rucksack, doch auch er ist noch da. Oh, oh, da haben wir wohl den Bus verpasst ist mein nächster Gedanke. 

Bissel die Füße abkühlen.

Yeaha, ein fast ruhiger Platz.

Moni schläft

Der Tempel mit Beleuchtung, Moni schläft noch immer.

Je dunkler es wurde, je bunter wurden die Tempel.



Doch nun erkenne ich den Mann vor mir, es ist der Fahrkartenverkäufer aus dem Busbüro in dem wir auch unsere Sachen (Fahrräder) den ganzen Tag über einstellen durften. Er zeigt auf die Uhr und sagt der Bus fährt bald, wir sollten uns langsam fertig machen. Wir holen unsere Sachen aus dem Büro, gehen zum Bus, übergeben unsere Taschen, setzen uns auf die wirklich komfortablen Liegesitze und schlafen wieder ein. 

Wie sehr wünscht man sich, sie würden sich daran halten in der Stadt!



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Stromkabel runtergefallen, egal hebt man eben wieder hoch.



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