Samstag, 22. Oktober 2016

Kapitel 3 - Indien - Shimla, der Urlaub beginnt

Kühe oder Büffel gehören zum Straßenbild.



Präambel


Nachdem ich Moni in Venedig aus dem Kajak heraus um ihre „Hand“ gebeten habe, wir im Harz eine 5-tägige Hochzeitsause gefeiert haben, stand nun unsere Hochzeitsreise in den Himalaya an. 


Kapitel 3 -  Shimla – Der Urlaub beginnt

Es ist eine lange Fahrt. Hin und wieder halten wir an Raststätten, die aus unserer noch immer europäischen Sicht den Begriff Raststätte nicht verdienen. Während die meisten Mitfahrer die Pausen nutzen um sich mit Essen und kühlen Getränken einzudecken und einen Tee zu sich zu nehmen, vertrete ich mir nur die Beine und Moni schläft meistens einfach weiter. 

Da lacht die Madam noch.
 
Affen am Straßenrand.

Irgendwann geht es aber aus dem Flachland und der schönen breiten Straße hoch ins Gebirge. Die Straßen werden enger, die Kurven häufiger und das An- und Abbremsen wegen irgendwelcher Hindernisse (meistens Kühe) auf der Straße geschieht im Sekundentakt. Im Bus kann man nun die Pendler von den Touristen unterscheiden. Während die Pendler glückseelig einfach weiter schlummern, greifen wir, die Touristen, nach den Lehnen und Griffen, die wir erreichen. 

Je enger die Kurven, desto mehr Tiere (Schafe) lautet hier wohl die Formel.

Eine Gruppe Wasserbüffel und davor eine Gruppe Ziegen.
 
Die Kühe bleiben liegen, egal was da auf sie zukommt.

Moni links von mir, reist plötzlich die Augen auf und sagt „Tüte!“. Ich verstehe sofort und ruckzuck ist die in jedem Sitz vorrausschauend verstaute Papiertüte griffbereit. Ab jetzt beginnt der rege Handel mit den „Brechtüten“ und mit jeder Kurve, mit jedem Höhenmeter wir die Ware „Tüte“ wertvoller und seltener im Bus. Der letzte Stopp mit dem Bus wird weniger zum Teetrinken benutzt als vielmehr zur Entsorgung der Tüten. Die letzten Tüten bei der Weiterfahrt werden weniger in Anspruch genommen, denn die betroffenen Tütennutzer sind einfach und simpel irgendwann „leer“! 


Raststätte in der Nacht, der Tee ist mega genial.

Mit Sonnenaufgang erreichen wir Shimla, bzw. erreichen wir einen Wendeplatz irgendwo in Shimla. Die Bustür geht auf und die ersten Taxifahrer strömen in den Bus anstatt die Leute raus zu lassen. „Taxi Sir, Taxi!“ tönt es durch den Bus und während wir im Bus feststecken sehe ich wie draußen alle Taschen aus dem Bus einfach auf die Straße gestellt werden. Jetzt werden wir nervös und ich drängel mich energisch zu unserem Gepäck durch. Der Bus ist von Taxen umzingelt und es herrscht absolutes Durcheinander, zumindest empfinde ich es so. Doch es geht plötzlich sehr schnell. Mitfahrer für Mitfahrer verschwinden im Schlepptau eines Taxifahrers und wir stehen plötzlich mit dem Bus, einem Minitaxi und unseren großen Radtaschen alleine da.

Innenstadtverkehr.
Maultiere dürfen auf der Straße natürlich nicht fehlen.


Und nun lernen wir Indien richtig kennen. Der Minitaxifahrer kann kein Englisch, also holt er sich Hilfe von der anderen Straßenseite.  Von dort kommt nicht nur ein „Dolmetscher“ sondern 5. Diese verstehen unser Problem, unsere 2 Radtaschen plus Moni und meiner Wenigkeit passen nicht in das Minitaxi. Sofort zücken alle ihre Handys und telefonieren wie wild. Der erste ruft: „Sir, big Taxi kommt!“, der nächste sagt: „Warten, ein Freund kommt mit großem Jeep!“. Doch der Minitaxifahrer will sich uns als Kunden nicht entgehen lassen. So stoppt er kurzerhand ein anderes Minitaxi auf der Straße und was nun sehr schnell passiert, können wir uns im Nachhinein nur so erklären, dass wir uns bereits seit über 40 Stunden in der „Anreise“ befinden. 

Der Fahrer des angehalten Minitaxis fragt wohin, wir sagen „Woodville“. Während ich mich mit dem ersten Minitaxifahrer unterhalte, lädt der 2. ruckzuck unsere Radtaschen ins Auto. Noch bevor wir reagieren können, sagt der erste Minitaxifahrer: „Wir bringen euch mit 2 Autos zum Hotel!“ und in diesem Moment fährt schon das Taxi mit unseren Radtaschen und unserem gesamten Hab und Gut an uns vorbei davon. Fuck, da fahren unsere Räder ohne dass einer von uns mit im Auto sitzt, wie blöde kann man sein? Moni wird sofort noch weißer im Gesicht, wie sie nach der Busfahrt eh schon war. 

Räder und Taschen im Auto und zack weg waren sie.
Wir springen in das andere Taxi und schreien den Fahrer an: „Los hinterher!“. Der schaut uns verdutzt an, wartet noch auf einen Freund und Beifahrer und sagt dann zu uns: „Der kennt den Weg, ich nicht!“. „Egal, los dem andere Taxi hinterher!!!“ sage ich ihm eindringlich. Und tatsächlich, er düst dem anderen vollgas hinterher. Wir verfolgen das Taxi wie in einem James Bond Film durch die engen Gassen, die Fahrer hupen wie die Wilden und die Passanten springen zur Seite. 


Plötzlich biegt das Taxi vor uns nach links in eine Gasse ab und unser Fahrer vollgas nach rechts. Wir vermuten Schlimmstes und ich rufe: „He, dem anderen Taxi hinterher!!!“. Moni sagt käseweiß: „Na toll am ersten Tag im Urlaub durch Dummheit die Räder verloren!“. Der Beifahrer dreht stattdessen das Radio mit indischer Folkloremusik weiter auf und trommelt vergnügt aufs Armaturenbrett und feuert den Fahrer an noch schneller zu fahren. Dieser dreht sich mit einem ganz breiten Grinsen im Gesicht um und sagt „I know a shortcut!”. Bitte was, eine Abkürzung, meine Fresse, ich will zu unseren Rädern! Doch bevor ich noch etwas sagen kann geht er in die Eisen und bleibt vor einer steilen Auffahrt, die durch ein großes Tor mit der Aufschrift “Woodville” gesichert ist, stehen. Die zwei da vorne klatschen sich wirklich ab, als ob dies ein Wettkampf gewesen wäre. 

An der Einfahrt sind wir nun.

Nun gut, am Hotel bzw. der Einfahrt sind wir nun, doch wo ist das Taxi mit den Rädern? Sekunden kommen uns wie Minuten vor, auch die zwei Jungs vorne werden leiser und schauen etwas komisch hinter uns in die Straße. Moni krallt sich ganz dolle in mein Bein und ich ärgere mich bereits über mich selbst. Genau so entstehen also die Geschichten über die man später sagt: „Wie blöd muss man sein um seine Sachen mit einem anderen Taxi alleine fahren zu lassen!“. Unser Fahrer versucht den anderen Fahrer anzurufen, und macht dafür endlich das Radio mit dieser komischen Musik aus. Doch nichts, keiner geht ran. Jetzt herrscht absolute Stille im Auto, so ein Mist. 

Draußen ruft irgendwo irgendwer etwas. Es hört sich an wie ein Siegesgesang bzw. wie „Loser, Loser, Loser”. Ich steige aus und schaue den Hang hinauf und tatsächlich da oben zwischen den Bäumen tanzt der andere Fahrer einen Siegestanz und ruft „Verlierer“ zu unserem Taxifahrer runter. Unser Fahrer haut nun volle Kanne seinem Beifahrer auf den Oberarm und fordert mich auf wieder einzusteigen. Aha, es gibt eine 2. Auffahrt hoch zum Hotel und siehe da, auf der Treppe zur Rezeption stehen schon unsere Radtaschen. Erleichtert gebe ich unserem Fahrer nicht nur den vereinbarten Fahrpreis von 450 Rupien für die 2 Taxien, sondern lege aus Dankbarkeit endlich am Hotel angekommen zu sein sogar noch 250 Rupien Trinkgeld obendrauf. Doch lange kann er sich nicht an dem Geld erfreuen, denn der andere Fahrer kommt und hält die Hand auf mit den Worten „You lose the race!“. Die 2 haben sich also ein Rennen zum Hotel mit dem Fahrgeld als Prämie geliefert. 

Woodville Palaca - Picture from www.Woodvillepalacehotel.com

„Welcome in Woodville“ vernehmen wir als nächstes und ein Portier nimmt unser Gepäck entgegen und ein Bagagist (ja sowas gibt es hier) versucht unsere Radtasche irgendwie unter den Arm zu klemmen. Als er sieht wie einfach ich die andere Radtasche hinter mir her rolle, grinst er kurz und hat sichtlich Spaß daran nun die Tasche ebenfalls zu rollen. Wir betreten ein unerwartet schönes Zimmer, gehen in der gigantischen Dusche mit noch gigantischerem Spiegel von 2x3 Metern duschen und legen uns aufs Bett. Ich schaue kurz an die Stuckdecke und sage: „Ab jetzt beginnt der Urlaub richtig!“, doch Moni ist schon im Land der Träume! 


zurück zur Übersicht - KLICK
weiter zu Kapitel 4 - KLICK


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen