Ab in den kalten Frühling
Radtortour von Frankfurt am Main nach (Peine) Hildesheim
Frankfurt am Main |
Es reicht mit den kalten nassen schneereichen
Tagen, ich will Frühling. Kleine Blümchen, die sich aus der grünen Wiese
hervorkämpfen, Vöglein, die fröhlich in der Morgensonne zwitschern, all das will
und brauch ich in meinem Osterurlaub. Doch nichts davon ist hier in Peine davon
zu haben. Ganz im Gegenteil, die Wettervorhersage sagt auch für die nächsten
Tage nur kaltes tristes Wetter vorher. Allerdings nicht in Mitteldeutschland. Hier soll die Sonne die nächsten Tage scheinen. Kurz Moni gefragt, ob etwas
dagegen spricht, wenn ich mal kurz weg bin, kurze Antwort „Nein, aber Karfreitag
biste wieder da.“ Also, ab nach Peine an den Bahnhof und nachgefragt, was ein
Ticket nach Mitteldeutschland kostet. Die Dame am Schalter schaut mich etwas
komisch an und fragt „wohin, nach Frankfurt?“. Nun wenn das für die Dame
Mitteldeutschland ist, dann nehme ich ein Ticket für mein Bike und mich nach
Frankfurt am Main.
So kam es, dass ich Dienstagmorgen
um 8:37 Uhr mit dem Zug von Peine nach
Hannover fuhr. In Hannover musste ich einige Minuten auf meinen Anschlusszug
nach Frankfurt warten und holte mir noch einen Kaffee und ging zum Gleis. Dort
angekommen steht am anderen Bahnsteig ein Zug der Russian Railways und aus irgendeinem
Grund kommen sofort mehrere Frauen ans Fenster gestürzt und machten Bilder von
mir. Na die haben wohl noch nie eine Lycrapresswurst in Neonfarben mit Karo-Hose gesehen.
Pünktlich um 13:02 Uhr hält der
Zug in Frankfurt am Main Hauptbahnhof. Noch immer unentschlossen wie ich nun
eigentlich fahre, gehe ich erst mal vor den Bahnhof Frühlingsluft atmen. Unglaublich
was so ein paar Kilometer ausmachen. Klar ist es hier auch kühl, aber die Sonne
scheint und irgendwie haben alle ein Lächeln aufgelegt und so wird es einem
sofort warm. Irgendwie vermisse ich doch die Äppelwoimentalität. Ein Wegweiser
zeigt die Richtung zum Mainufer an, na das ist doch mal ein Anfang.
Am Ufer angekommen gibt es das
obligatorische Facebookfoto mit dem Kommentar „Hier in
Frankfurt geht nun das nächste kleine Radabenteuer los.“. Radabenteuer schön und gut, aber wo lang?
Fest steht, es soll Richtung Norden gehen. Fest steht auch, es soll auf
möglichst verkehrsarmen Strecken geschehen. An der Uferpromenade entdecke ich
ein großes Radwegeschilderkreuz mit dem R3 Radwegesymbol. Das kenne ich noch
von einer Tour vorbei am Kloster Eberbach im Rheingau. Dort habe ich mal an
einer Infotafel gestanden und etwas über den R3 gelesen, was genau da stand
habe ich vergessen. Dass der Weg aber zum Dom in Fulda führt, wusste ich noch. Also
ab dem R3 immer am Mainufer entlang Richtung Hanau folgen. In Hanau kurz das
Altstätder Rathaus anschauen und schon geht es weiter entlang der KInzig Richtung
Fulda. Wald, Wiesen und Feldflächen wechseln sich ab, der Radweg ist super beschildert und es läuft trotz Gegenwind richtig gut. Kurz die Marienkirche angeschaut,
vorbei an der Kaiserpfalz in Gelnhausen, geht es immer schön den R3-Zeichen
folgend durch Bad Soden nach Steinau. Kurz das Schloss aus der Ferne
besichtigen und schon wird weiter gestrampelt. In Schlüchtern angekommen
verlasse ich das Kinzigtal um die letzten 31 Kilometer nach Fulda anzutreten.
Die Sonne ist nun hinter den Bergen verschwunden und es wird sofort merklich
kälter. Zwischen Schlüchtern und Neuhof gilt es auch die einzige Steigung des
Tages zu bewältigen. Die Kälte kriecht nun durch jedes Kleidungsstück bis auf
die Knochen. Gefühl in den Händen und Füßen, Fehlanzeige. Um 20:17 Uhr erreiche
ich endlich bei -6 Grad die Jugendherberge in Fulda, an der Rezeption muss mir
der nette Herr die Mitgliedskarte aus dem Portmonee holen, meine Finger sind
steif. Zum Glück gibt es auf dem Zimmer eine super große Dusche mit scheinbar
unendlich viel warmen Wasser. Das eigentliche Abendessen ist zwar in der
Jugendherberge schon vorbei, doch mir wird noch eine leckere Pizza zubereitet.
Obst gibt es kostenlos in Hülle und Fülle an der Rezeption noch oben drauf.
So geht
der erste Tag mit 123 Kilometer und 870 Höhenmeter dem Ende zu.
Nach
einem grandiosen Frühstücksbuffet ging es bei -4 Grad wieder aufs Rad. Erstes
Ziel der Dom San Salvator zu Fulda. Natürlich ist hier um die Uhrzeit morgens
noch alles zu, aber dank der Handwerker durfte ich einen kurzen kleinen Blick
ins Innere werfen.
Dom San Salvator zu Fulda |
Ab nun
geht es der Beschilderung R1 Fulda Radweg hinterher. Es geht vorbei an
zahlreichen schönen Ortschaften, mit schönen Schlössern, Burgen, Kirchen und Märkten.
Ortschaftsnamen wie Schlitz, Bad Hersfeld, Rotenburg, Melsungen und Kassel
können mich heute nicht bremsen. Je nach Flusslaufbiegung habe ich Rückenwind
und es geht mit über 30 km/h voran, oder ich habe Gegenwind und stemme mich mit
15 km/h im selben Gang dagegen.
Radweg in Rotenburg |
Okay, eine kleine Kaffeepause gab es in Melsungen und eine Affenbrotpause habe ich mir in der Sonne an einen kleinen See gegönnt.
Kleine Pause am Fuldasee |
Fasziniert war ich von dem Radweg durch Kassel, man fährt vorbei an Seen, durch Grünanlagen und dann ist man ohne etwas von der Stadt und deren Hektik abbekommen zu haben schon wieder außerhalb der Stadtgrenzen. Die deutschlandweite einzige Fahrradseilbahn hatte leider ein dickes Vorhängeschloss zum Schutz vor meinem Gebrauch.
Fahrradseilbahn |
Kurz ein Foto vom Zusammenfluss Fulda und Werra zur Weser und ab zur Jugendherberge.
Im Hintergrund entsteht die Weser |
Auch hier bin ich zu spät für das Abendessen, bekomme aber sofort einen Zettel des örtlichen Lieferservice. Bestellt habe ich mir Spagetti und einen Tomatensalat nach Art des Hauses, und der war genial. Das Zimmer war auch hier mit einem super Bad versehen und ich habe mal wieder die Warmwasserdurchflussmenge getestet und als gut befunden. Kurz vor der Jugendherberge habe ich noch ein Schild gesehen mit 37 Kilometer bis Göttingen, das sollte also die Richtung für morgen sein.
Die
Strecke hat mir sehr gut gefallen, einzig die Abschnitte mit parallel zur Bundestraße
verlaufendem Radweg haben etwas genervt.
So kamen an diesem Tag aber immerhin 173
Kilometer und 1.242 Höhenmeter zusammen.
Das
Aufstehen fällt schwer, die Oberschenkel brennen etwas. Ich schaue raus und
sehe nur weiß. Es hat geschneit und es schneit noch immer. Nach einem leckeren
Frühstück mit allem was das Radlerherz begehrt geht es wieder auf den Sattel.
Der nun folgende kleine Abschnitt zwischen Hann. Münden und Göttingen über den Berg ist im Sommer bestimmt eine Augenweite. Nun aber lagen hier Schnee und Eis und ich habe für das Stück zwischen Scheden, Dransfeld und Ossenfeld eine gefühlte Ewigkeit gebraucht.
Schnee und Eis bestimmen diesen Abschnitt |
Der nun folgende kleine Abschnitt zwischen Hann. Münden und Göttingen über den Berg ist im Sommer bestimmt eine Augenweite. Nun aber lagen hier Schnee und Eis und ich habe für das Stück zwischen Scheden, Dransfeld und Ossenfeld eine gefühlte Ewigkeit gebraucht.
Den Weg kann man nur erahnen |
Und nur einige Kilometer weiter in Göttingen waren die Wege
wieder total schnee- und eisfrei. Göttingen habe ich rechts liegen lassen und
bin nun weiter entlang des Leine-Heide-Radwegs Richtung Norden. Besonderheiten
gab es hier eigentlich keine außer dass mal eine Brücke fehlte, Schilder nicht
vorhanden waren oder der Radweg einfach an einem Zaun endete.
Immerhin Rutschgefahr für die fehlende Brücke!!! |
In all diesen Fällen war ich froh mich auf
mein Garmin verlassen zu können. Die Strecke führte die meiste Zeit über offene
Felder, was bei dem kalten Gegenwind immer mehr zur Kopfsache wurde. Komisch dass
die letzten Kilometer vor der Heimat immer die schwersten sind. In Alfeld fing
es dann wieder an zu schneien und der Schneefall wurde immer heftiger, die
Temperatur ging auch wieder unter Null Grad. Es war gerade mal kurz nach 17:00
Uhr und es kam einen wie Nacht vor, alle Autos fuhren schon mit Licht. In
Burgstemmen fasste ich dann den Entschluss nicht bis Hannover zu fahren, sondern
Moni anzurufen und mich in Hildesheim abholen zu lassen.
"Rettung in Hildesheim" |
Quintessenz
der Tour
Insgesamt
eine sehr schöne Strecke die durchgehend beschildert ist. Der Fuldaradweg hat
sogar 4 Sterne für die Wegführung und deren Beschilderung erhalten. Als
Sommertour mit deutlich mehr Zeit kann ich die Tour oder Teilstücke jedem
Reiseradler empfehlen. Die Jugendherbergen waren ihr Geld wert, besonders die
DJH in Fulda. Moderner und besser kann kein Hotel für 30,- € inkl. Frühstück
und Einzelzimmer sein.
Was
bleibt sind mal wieder viele Eindrücke, frostige Stunden und endlich mal wieder
ein freier Kopf. Die Beine sind nach den 450 Kilometern und 3.117 Höhenmeter in
2,5 Tagen im Gegensatz zu meinem Hintern schon wieder Einsatzbereit!!!!
sehr interessant, wirklich. das werde ich bestimmt mal mit dem rennrad in planung nehmen da du ja auch von tollen radwegen schreibst.
AntwortenLöschendicken lob an dich sowas bei diesem wetter alleine durchzuführen.
Ich bin gerade auf der Suche nach einer tollen Fahrradstrecke um Fulder herum gewesen und auf deinen Blog gestoßen. Deine Leistung damals war ja sensationell. Respekt wie du die über 3000 Höhenmeter und 450km in 2,5 Tagen gepackt hast. Der Artikel war wirklich hilfreich für mich. Würde mich interessieren ob Du diesen Weg nochmals gereist bist, oder längere Ettappen mitlerweile gefahren bist?
AntwortenLöschenGrüße
Manuel