Ich düse durch den Wald runter in
die Senke, hier hängt noch minimal Morgennebel über dem Trail. Im Wald hört man
auch schon die nächste Fan-Base mit den Blechen, hier sind wieder einige mehr
am Krachmachen als morgens um 3:00 Uhr. Knapp hinter der Blech-Fan-Kurve haben
sich wieder Kids aufgereiht zum Abklatschen. Ich trete in die Pedale, ziehe
nach rechts rüber, um auch alle 3 Kids zu erwischen und paffff, penggggg,
klatsch erwischen meine schweißgetränkten Handschuhe die ausgestreckten, kleinen
Kinderhände. Doch anstatt wie am Abend zuvor freudiges Juchzen aus den
Kinderkehlen zu hören, höre ich nun nur Kindergeschrei. „Mist“ denke ich mir,
zu fest die Hand rausgestreckt und gehe in die Bremse, lege mein Fahrrad ab,
renne schnell zurück und rufe schon „Entschuldigung“. Da schaut mich der klitze-kleine
Kerl am Wegesrand an und sagt zu mir: „Ganz ruhig, wir haben noch einen ganzen
Topf voll Gummibärchen, brauchst nicht traurig sein!“ Erst jetzt verstehe ich,
die Kids haben diesmal nicht die Hand ausgestreckt zum Abklatschen, sondern
haben Gummibärchen für die Fahrer in die Luft gehalten und ich Trottel habe
allen dreien, das Süßzeug aus der Hand gekloppt.
Es wird einiges entlang der Strecke geboten.
Ja, so ist die Night on Bike,
bzw. die Leute entlang der Strecke. Die einen zünden entlang ihres Hausgrundstücks
abends Fackeln und Kerzen an, die anderen verlegen einfach ihr Wohnzimmer für
einen Abend raus an die Strecke. Selbst mitten in der Stadt an der Strecke,
feuern einen die Leute an einem Feuerkorb stehend an. Night on Bike, ist schon
etwas ganz Besonderes und diese Besonderheit der Fankultur hier, überträgt sich
auch auf die Fahrer. Selten ein Event erlebt bei dem so fair miteinander
umgegangen wird. Kein Drängeln, kein Schreien und am Wichtigsten: Nach 24
Stunden keine Teilnehmer stationär im Krankenhaus. Okay, einige hat es schon
bissel gebrösselt, aber es ist eben ein Outdoorsport mit einer nicht gerade
einfachen Strecke für ein Stundenevent.
Unser Zeltnachbar nach 2 Runden!
Doch jetzt mal von vorne: Leider
verpassen Moni und ich den Bergsprint am Freitagabend und reisen sogar erst
Samstag an. Trotzdem können wir problemlos unsere Parzelle beziehen. Diese ist
diesmal zu unserer Überraschung wirklich nur so groß wie in der Ausschreibung
beschrieben. Mag sich blöde anhören, aber war nicht nur für uns überraschend.
Doch wir alle arrangieren uns mit der Situation und es kommt so zu einem
interessanten Miteinander-Zeltflair vor den Parzellen.
Die Zeltstadt von oben.
Solofahrer stehen direkt an der Strecke.
Wir begrüßen kurz die uns
bekannten Gesichter, holen unsere Startunterlagen ab und machen uns bereit für
den Start. Für uns steht fest, wir lassen es gemütlich angehen, denn wir haben
noch immer unseren Heavy24 Rennabbruch (KLICK zur Story) im Hinterkopf. Mit
einem Schmunzeln stelle ich fest, ich habe diesmal gar kein richtiges Trikot
eingepackt. Hm, ich höre mich noch genervt daheim zu Moni sagen: „Lass mal, ich
pack meine Sachen gleich selbst (da ich noch in Ruhe irgendwas im TV fertig
schauen wollte).“
Unsere Startnummer
Egal, ab zum Start und Glück gehabt.
Denn nicht nur, dass ich relativ weit vorne stehe, direkt neben meinem
Startplatz steht von irgendeinem Team ein Stuhl, und zack sitze ich. Ich muss
gestehen, so wie ich da sitze, sehe ich nach allem aus, aber nicht nach einem
ernsthaften sportlichen Teilnehmer und ernte auch sofort von so manchem
Spargeltarzan und Foodhater mitleidige Blicke. Der Startschuss fällt und los
geht die Rundenhatz für 16 Stunden.
Der pure Sportler :-)
Kurz vor dem Start.
In der ersten Runde läuft man
immer Gefahr, an irgendeiner Engstelle in einen kleinen Stau zu geraten, doch
ich komme gut durch und auch in den ersten für mich neuen Wegeabschnitt. Ein
eigentlich nur klitzekleiner Trailanstieg hoch zur Feuerwehr, den ich später
mächtig verfluche und nur noch im leichtesten Gang bewältigen werde. Wir düsen
an der Feuerwehr vorbei, hoch in die Stadt, über die Brücke rein in die
Innenstadt, raus zum Friedhof und ab in den ersten Trail. Ballern den kleinen
Gegenanstieg hoch, vorbei an den Eimertrommlern (auch hier wurde die komplette
Nacht angefeuert) durch den Tunnel ab in den Wald.
Es folgen schöne Trails, die
Blech-Fan-Kurve (wirklich „abartig“, was hier 24 Stunden an Lärm gemacht wird,
genial) und eine lange Gerade, mit kurzem Anstieg hoch in die nächste
Fan-Straße, die einen direkt in einen Trail entlässt. Es folgt ein
wunderschöner Trail, eine etwas ruppige Wurzelabfahrt und ach du heilige
Felgenbremse Kackhauskuh was ist das? Ein Anstieg, bei dem man den Kopf richtig
in den Nacken werfen muss, um überhaupt oben ein Ende des Weges zwischen den
Bäumen sehen zu können. Im Laufe des Abends, wird der Schweineberg 2.0 von
vielen inkl. mir nur noch Ars..loch-Berg genannt.
Am Ars...loch-Berg Kettenblatt verbogen, schneller wechsel in der Nacht.
Belohnt wird die
Anstieg-Schinderei mit einem weiteren Fan-Fest, bei dem es sogar Freibier für
alle Fahrer gibt, die anhalten. Versteht sich von alleine, dass ich hier keine
Zeit verloren habe…
An der Freibierzone oben am Motodrom.
An diesem LKW-Kran...
...hing ab und zu plötzlich auch mal jemand über den Fahrern. Danke Jan Oliver Brockmann für die Bilder und Idee.
Danach geht es über komische
Hügel und schöne Trails wieder in die Senke und über den Schweineberg zurück
zum Event-…, nein Partygelände. Die Runde hat ca. 10,3 Kilometer und laut
meinem Garmin 195 Höhenmeter und macht einfach Spaß im Kopp und Aua in den
Beinen.
Moni on the Track.
Wechselzone
Moni und ich kennen wirklich kein
anderes Stundenevent in Deutschland, bei dem so viel entlang der Strecke los
ist. Gefühlt sind alle Anwohner an der Strecke zum Anfeuern. Die Strecke selbst
bietet eine geniale Mischung aus „Fullgaz“, Fahrtechnik und leider auch
Anstiegen.Für mich einer der schönsten
Rundkurse in Deutschland.
Während man in der Nacht auf seinen Teampartner wartet, wird auf der anderen Seite gefeiert.
Nun gut, genug geschmeichelt,
denn egal wie schön alles ist, in die Pedale treten muss man trotzdem, um
vorwärts zu kommen. Und dies können nicht nur wir, sondern auch die anderen 2er
Teams. So entsteht lange Zeit ein 5er-Kampf um das Podium. Bei den einen ist
irgendwann der Reifen platt, bei den anderen die Beine, wir kommen erstaunlich
gut durch und haben das Glück ohne Pannen die 16 Stunden zu überstehen. Am Ende
haben wir als Mixedteam sogar das 2er Gesamtranking angeführt, was allerdings
mehr Monis verdienst ist, als meiner. Mein Verdienst war der absolut leer
gefutterte Verpflegungsstand!
Am Ende durften wir Platz 1 belegen.
Und wie dies so ist, wenn man
sich schnell vorkommt. In der Solo-Wertung gab es diesmal Fahrer, die schneller
unterwegs waren, wie wir als führendes 2er Team. Sowas muss man sich mal
überlegen, wir haben ca. 325 Kilometer mit 6.200 Höhenmeter absolviert und es
gibt Leute, die fahren in der gleichen Zeit solo einfach mal noch 10 Kilometer
mehr. Eine für mich unglaubliche geniale Leistung. Ganz großen Radsport gab es
auch beim 24-Stunden-Event. Hier knackte ein Solo-Fahrer auf der NOB-Strecke
fast die 500 Kilometermarke, was auch bedeutet, fast 10.000 Höhenmeter!
Da war ich Stammgast.
Wir freuen uns riesig endlich mal
wieder ohne körperliche oder schlimmere technische Problemchen ein Event
beendet zu haben. Langsam, aber sicher kommt auch die Kraft wieder in meinen
Beinen an, zwar noch nicht zu 100%, aber es geht schon wieder ganz gut. Mal schauen wie Duisburg läuft. (So lief Duisburg - KLICK)
Afterrace Belohnung
Jetzt ganz wichtig, unter dem
Motto „SAVE THE DATE“, die Night on Bike Show findet 2020 vom 05.-07.06. statt.
Die Anmeldung ist übrigens schon offen und es sind nur noch wenige Plätze frei. Also ab zur Anmeldung --> KLICK
Sven Schreiber und Team, liebe
Anwohner entlang der Strecke, liebe Fan-Base-Helden,
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