Blick vom Hochofen |
Zuerst die Info: Nein, wir hatten
keinen Unfall und auch keine Magendarmprobleme, die zu unserem Rennabbruch in
der Nacht führten. Aber wirklich herzlichsten Dank für die vielen Nachfragen.
Es war ein Mangel an den Dingen, die wir sonst so schätzen am Radsport. Zusammenfassen
könnte man dies unter dem Begriff „Spaß“. Und Moni und ich haben schon immer
gesagt, wenn es uns an Spaß mangelt, hören wir auf. So auch hier auf Platz 3
liegend knapp hinter Platz 2 mit 2,5 Runden Vorsprung auf Platz 4.
Ohne Moos nix Klo`s |
Ja, wir hatten Magenprobleme
zwischendrin, aber die haben uns nicht körperlich ausgebremst. Vielmehr das
nicht vorhandene WC bzw. das vorhandene WC und die lange Schlange davor bzw.
das nicht vorhanden Toilettenpapier.
ohne Papier auf dem Gepäckträger sah man selten jemanden... |
Rechnung 1 – Im süd-östlichen Lager gab es 2 (ja wirklich ZWEI!) WC`s
für knappe 2.000 Leute. Bei optimaler Auslastung bedeutet dies während der 24
Stunden stehen diesen Leuten 2.880 Minuten Toilettennutzung zur Verfügung. Also
stehen jedem 1,44 Minuten für drauf sitzen, pressen, abputzen und Schüssel Bürsten
einmalig zur Verfügung. Nun gut ein Rennen ist eben kein Zuckerschlecken…
ein Teil des Camps |
Der lange Weg zur Wechselzone
trug auch nicht zur Stimmungsbesserung bei, aber am meisten hat uns der Umgang
untereinander auf der Strecke gestört. Die Gründe hierfür sind bestimmt
vielfältig aber die Resultate, leichte Verletzungen und Beschimpfungen bis hin
zu schweren Stürzen, waren uns dann doch genug.
ist und bleibt ein cooler Truck |
Allerdings möchte ich nicht in
die Kerbe reinhauen, die derzeit überall breit getreten wird und nur über die
schnellen Fahrer herfallen. Eher im Gegenteil. Denn hätten die schnelleren
Fahrer nicht sehr oft sehr schnell reagiert, wäre aus so mancher gefährlichen
Situation sicherlich Schlimmeres entstanden. Vielmehr sollte sich hier doch mal
der Veranstalter fragen, ob er die Teilnehmermenge nicht wieder etwas
heruntersetzen sollte. Die Strecke war teilweise doch echt überfüllt.
Zeit zum Kaspern war genug vorhanden vor dem Start |
Es sollte aber auch jedem Radsportler
klar sein, dass man bei einem Rennen nicht einfach grundlos und ohne
Vorankündigung die Spur wechselt. Hier ist mir persönlich ein Fahrer des 4er-Teams
"S.H." Haus aufgefallen bei dem man sich fragen muss, ob der Staub die
Gehirnwindungen verstopft hat.
Staub oh je, und das bei einem Outdoorsport... |
Es gab Zeiten da war jedem klar,
8er-Team nimmt 4er-Team in Windschatten, 4er – 2er und 2er ohne murren jeden
Einzelfahrer. Ich fühle mich sogar gut, wenn ich einen Solofahrer im
Windschatten über die langen Geraden ziehen kann. So auch in dieser Situation,
Tempo bissel raus, Solofahrer in Windschatten rein und ab geht die Luzie. Von
hinten kommt der besagte Fahrer des S.-Teams und drängelt sich ohne
Vorwarnung kurz vor der scharfen Kurve hoch zum Sinterbunkerweg vor uns.
Auch Marko von den Eulen war in einem 4er-Team unterwegs |
Oben auf dem Sinterbunkerweg
hängen wir uns nun bei ihm in den Windschatten, das ärgert ihn und er gibt
Zeichen wir sollen nach vorne. Doch dabei tritt er weiter wie ein Gestörter so
dass wir nicht vorbei können. Wir kommen zur 180 Gradkurve zum Hochofenweg,
wieder bleiben wir an ihm dran. Nun kommt das wohl Bescheuerteste was ich
jemals bei einem solchen Rennen von einem 4er-Teamfahrer erlebt habe. Um uns
auf Abstand zu bringen gibt er nicht etwa Gas, nein er legt eine kurze
angedeutete Vollbremsung auf der Geraden hin! Wir können gerade noch so
ausweichen, ich schimpfe wie ein Rohrspatz. Nun nehme ich Fahrt auf um wieder
in seinen Windschatten zu kommen und seine Startnummer zu erkennen. Leider
schaffe ich es nur in den Windschatten und nicht mehr. Das nervt ihn aber
wieder so, dass er diesmal ohne Vorwarnung einfach nach links auf die andere
Spur zieht und schwupps muss ein Tross 8er-Fahrer die gerade von hinten
angesaust kamen, voll in die Bremsen gehen!
auch Marie war in einem 4er-Team unterwegs |
Kommen wir mal zu Rechnung Nummer 2 – bei einem MTB-Rundenrennen sagte
man früher ca. alle 25 Meter ein Fahrer oder wenn die Strecke einfaches Überholen
zulässt, statistisch ca. alle 20 Meter ein Fahrer. Diesmal waren es theoretische alle 16 Meter
ein Fahrer wenn alle Teams einen Fahrer auf der Strecke hatten. Der Unterschied
zwischen 20 Meter (425 Teams) und 16 Meter (531 Teams) ist rechnerisch auf
dieser Strecke 25 % unterschied. Okay, kein Grund unhöflich zu werden – siehe
Rechnung Nummer 3.
am Monte |
Es läuft super für uns und wir
sind hin und wieder sogar auf Platz 2 bei den 2er Mixed. Ich donner in einem
Trupp aus 4 Fahrern aus einem 8er und 4er im Windschatten mit. Vorne höre ich
die „Achtung links“ oder „Achtung rechts“ Ansagen und bedanke mich bei den Überholten
als letzter in der Kolonne immer freundlich und oft kommt ein „Aber gerne doch“
vom Überholten zurück. Auf dem Stück durch die Manganwüste müssen wir abbremsen.
3-mal vernehme ich vorne den Ruf „Achtung links“ aber es kommt keine Reaktion
von dem gemütlicheren Fahrer. Wir setzen links an und der Fahrer erschrickt
dolle und zieht nach links in die Kolonne, so dass die Hinteren mit etwas
Reaktionsglück noch rechts vorbei können. Der Fahrer wirft uns böseste
Beschimpfungen hinterher.
Anfeuerung Nr. 1 |
Ich fahre in die Wechselzone
übergebe an Moni und gehe an den Verpflegungsstand. Der von uns in die
Bredouille gebrachte Fahrer kommt auch in die Wechselzone und übergibt ohne ein
einziges Wort an seinen Teampartner. Ich gehe hin und sage: „Entschuldigung“,
er antwortet mit einem „Hä?“ und nimmt die Kopfhörer mit mega lauter Musik aus
beiden Ohren! Stell ich mir nun aber vor wir hätten alle Rückennummern, hätte
dieser Kollege seine Ohrstöpsel wahrscheinlich gemütlich versteckt und wäre zum
Race-Office und hätte sich kräftig beschwert.
Einzelfahrerin Inga - immer ein Lächeln parat |
Rechnung Nummer 3 – von 2007 bis heute hat die Strecke ein
Teamvermehrung von 53,5 % hinnehmen müssen. Alleine von 2012 bis 2015 18,5 %
mehr Teams. In Zahlen 2007 (346 Teams), 2012 (448 Teams) und 2015 (531 Teams –
2.251 Fahrer)
die Kulisse und Stimmung ist schon genial |
Immer öfters haben wir mit
fortschreitender Uhrzeit gemerkt, dass überholte Teamfahrer immer langsamer
wenn überhaupt auf Ansagen reagieren, aber auch die von hinten Kommenden gaben
immer seltener Bescheid. Und da möchte ich mich nicht von ausnehmen. Doch warum
ist das so?
am Abend gab es einen wirklich schönen Anblick am Horizont |
Nun Rechnung Nummer 4 –Bei einer Rundenzeit von 20 Minuten lege ich ca.
7,1 Meter pro Sekunde zurück. Dies bedeutet, dass ich ab der 3. Runde etwa im
Rhythmus von 2,5 Sekunden einen Fahrer in der Theorie überhole bei einer
Streckendichte von 16 Metern pro Fahrer. Jaja, die anderen bewegen sich ja auch
usw., jo stimmt und wenn man dies mit berücksichtig kommt man auf ca.10-12 Sekunden. Mit Abrundung überhole ich also in
der Minute 4-5 Fahrer und in 20 Minuten 80-100 Fahrer. Das macht bei uns als 2er Team pro Fahrer ca.
3.200 mal „Achtung links“ oder „Achtung rechts“. Dem unter dem statistischen
Durchschnitt Fahrenden passiert ein solches Überholmanöver noch viel öfters!
Wie oft reagiert er also oder macht sogar dankend aufs höflichste Platz? (was er eigentlich nicht müsste)“
und es gab sie doch, die Gute-Laune-Typen auf der Strecke |
Nun ja, kurz vor 0:00 Uhr war es
dann soweit und ich habe Moni in der Wechselzone gefragt: „Hast du derzeit noch
Spaß am Fahren hier?“ und die Antwort war ein deutliches „Nein“. Wir gönnten uns nun noch eine leckere warme
Brühe, bei den Jungs vom König Pilsener Stand noch ein Radler und sind duschen
gegangen. Danach noch ein kleiner Schwatz mit unseren Camp-Nachbarn und schon
waren Moni und ich im Land der Träume.
Zeltnachbarn |
Die warmen Strahlen der Sonne
haben uns am nächsten Morgen aus dem Dachzelt an die Strecke getrieben um die
Helden der noch fahrenden Zunft anzutreiben. Und als Geheimwaffe habe ich die böse
„Monstertröte“ dabei. Diese verursacht solche schmerzenden Ohren, dass dem
Fahrer nur eine Option am Monte Schlacko bleibt um diesen Schmerzen zu entkommen
– schneller fahren! Oder wie Mario später dazu bei Facebook schrieb –
David, ein Solofahrer aus dem Bilderbuch - immer nett und freundlich |
„Danke an alle, die da so rumstanden,
gegrüßt und geschrien haben, wie Axel Werner. Das hat gerockt. Und Frank Eggert
vom RSC Wanderlust, das Schlimmste in den 24h war deine Fanfare in meiner
vorletzten Runde den Monte Schlacko rauf an meinem Ohr. Danke Frank für eine
weitere Nahtoderfahrung.“
Muschi bekommt die volle Fanfarendröhnung |
Gratulieren wollen wir auch
unseren sympathischen Zeltnachbarn, den Pott Pedals. Durchgezogen und Platz 103
erfahren und am Ende mit Stolz und vor allem auch zu Recht die Finishermedaille
tragend.
Yes |
Runde für Runde wurde gefightet
und auch wenn alle Teams immer sagen hier geht es ja um nichts, so war das
Hauptthema in fast allen umliegenden Zelten die derzeitige Platzierung. Was
mich nun zurückkommen lässt zu den einleitenden Worten des Veranstalter Stephan
Salscheider: „Dies sei kein Rennen und keine Olympiade“. Sorry, wenn das so ist
dann schreibt das „Rennen“ bitte als 24 Stunde CTF aus.
Stephan muss viele Gemüter beruhigen und bleibt dabei immer höflich und sachlich |
Darüber hinaus bin ich wirklich
ein Verfechter unseren Sport jedem zugänglich zu machen, aber bitte nicht
Fahrtechnik und Fahren bei einem 24 Rennen auf der Strecke üben. Es gab Leute,
die haben den „Trail“ des später gesperrten Weges runter geschoben! Und dabei
ist Duisburg nur einen Katzensprung davon entfährt, dass man dies sogar mit
einem Standard Rennrad fahren könnte.
Zielankunft |
Was bleibt aber nun für Moni und
mich hängen? Auch wenn wir in diesem Jahr leider nicht nur Positives berichten
können, so werden wir wahrscheinlich auch in 2016 wieder am Start sein. Der
Landschaftspark Nord in Duisburg ist einfach eine super-mega-geniale Location
für ein Rennen. Die in der Nacht farbig beleuchteten Anlagen sehen einfach
gigantisch aus. Die Strecke an sich ist eigentlich wie für uns Flachlandeulen
gemacht.
Moni kommt in die Wechselzone |
Größtenteils eben, mit kurzen knackigen Anstiegen, die man gut mit
Schwung nehmen kann. Besonders der ACDC-Berg rockt richtig und spornt an. Die
Stimmung entlang der Strecke ist allgemein super und man trifft auch hier in
Duisburg wieder auf die „dieselben Verdächtigen“. Und ganz großer Pluspunkt: Es
gab in der Verpflegungszone Mohnkuchen!
Udo fährt mit Siemens für den guten Zweck |
Wir hoffen, dass sich der
Veranstalter evtl. den einen oder anderen Punkt zu Herzen nimmt und es im
nächsten Jahr bestimmt noch besser machen wird.
Typen gibts... |
Also Leute nicht immer nur in
eine Richtung schimpfen und meckern, sondern auch mal sich selbst reflektieren.
Es wird immer Schnellere geben und es wird immer zum Glück Einsteiger in den
Sport geben und nur gemeinsam werden wir weiterhin Spaß haben. Ob man als
Einsteiger in den Sport bei einem Rundenrennen gut aufgehoben ist, bezweifele
ich allerdings. Denn Regeln gibt es auch auf der Strecke und die sollte man kennen.
lasst uns alle doch einfach "Banana" sein |
In diesem Sinne, wir sehen uns 2016...denn bei all der Kritik können wir froh sein, dass es noch Veranstalter gibt für solche Großevents...aber liebe Veranstalter - Melkkühe sollten 4 Beine haben und genug Platz zum Weiden!
Bilder von Moni und mir - KLICK
Bilder von Christoph L. - KLICK
Bilder auf dem Blog von "just-mtb" - KLICK
Album 1 Ruhrpott Runners - KLICK (Facebook)
Album 2 Ruhrpott Runners - KLICK (Facebook)
Bilder Sportograf - KLICK
Homepage Veranstalter - KLICK
Edit
04.08.2015 – wir haben dem Veranstalter neben diesem Blog-Eintrag auch
eine Email mit Kritik/Anregungen/Vorschlägen gesendet und eine sehr
konstruktive Antwort erhalten. Veröffentlichen werden wir diese nicht, möchten aber
klarstellen, dass
man anhand der Antworten erkennen kann, man wird als Teilnehmer mit
fairer Kritik sehr ernst genommen. Die von mir ermittelte Zahl der
Teilnehmer ist bzgl. Fahrer nicht korrekt und Beträgt dieses Jahr 2146
Fahrer, die Teamanzahl bleibt aber. Im Jahr 2014 waren
es gemäß Aussage Skyder sogar 2.340 Fahrer –allerdings (m.A.)
verteilt auf 485 Teams.
Moni und ich sagen vorerst danke für ein so schnelles Feedback und freuen uns wie bereits oben beschrieben wieder auf 2016.
ein super toller Blog.....
AntwortenLöschenvielen lieben Dank Jürgen
LöschenGuter Blog zum 24h Rennne. Gute Gedanken und Anstösse für jeden.
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