Montag, 17. November 2014

Kocher Jagst Radweg im Spätherbst




Die Pferdegrippe im Tal...

Da ich wegen einer Prüfung Richtung Sennfeld musste, lag nichts näher als mal zu schauen, was es dort für Radwege gibt. Und siehe da, der Kocher-Jagst-Radweg verlief nur wenige Kilometer entfernt. Kurz gegoogelt und mit offiziellen 338 Kilometern für ein Wochenende als machbar eingestuft. Ich also Anfang der Woche mit dem Zug runter und Moni am Freitag mit unserem Langstreckenbomber hinterher. 

Götzenburg in Jagsthausen


Tag 1 von Jagsthausen nach Jagstheim

Gegen 13:00 Uhr hatten wir Abfahrbereitschaft in Jagsthausen hergestellt und strampelten los. Schon kurze Zeit später standen wir im Kloster Schöntal und ich erinnerte mich daran hier einen meiner ersten Stempel in meinem Pilgerausweis damals auf meiner langen Radreise nach Spanien bekommen zu haben. Was damals folgte war eine 4.800 Kilometer lange Traumradtour quer durch Europa, aber das ist eine andere Geschichte. 

Kloster Schöntal


he - es gibt doch mich...


Die Tour heute geht weiter flussaufwärts entlang der Jagst und wir kommen durch Krautheim, Dörzbach und Mulfingen. Kurz hinter Mulfingen geht es leicht bergab auf eine Straße zu, aber irgendwie will meine Bremse nicht so wie ich. Exakt das gleiche Problem wie in Bad Salzdetfurth mit meiner Vorderradbremse habe ich nun mit meiner Hinterradbremse. Ohne ersichtlichen Grund und ohne Vorwarnung 90 % Bremskraftverlust. Naja denk ich mir, bei so einer Flusstour wird auch eine Vorderradbremse mit etwas Unterstützung von hinten ausreichend sein, also weiter. 

Unter, über und...

...drüber.


Vorbei am beeindruckenden Langenburg kämpfen wir uns hoch zur Ruine Leofels, da wir aber überall nur Baugerüste sehen, fahren wir direkt weiter nach Kirchberg. Wir entdecken eine kleine schöne Bäckerei mit Cafe und kehren ein. Ich sag zu Moni „Irgendwie sitze ich heute komisch auf dem Bike und mir tun die … (das, wovon Kahn sagte, wir brauchen mehr) richtig weh!“ Nach einigen Kaffees und Schokobananen gehen wir raus und montieren die Lichter für die Nacht. Dabei entdecke ich, dass mein Sattel in der Mitte gebrochen ist. Kein Wunder, dass mir da unten alles schmerzt. Na das ist ja mal ein Start in eine Tour, Bremse defekt, Sattel gebrochen und noch 270 Kilometer vor uns. 

 
Trotz bedeckten Himmel gibt es einen schönen Sonnenuntergang

Alle Ortschaften haben vorbildliche Ortspläne am Wegesrand


Im Dunkeln der Nacht fahren wir weiter bis nach Crailsheim und stürmen 5 Minuten vor Ladenschluss in ein ZEG-Geschäft. Die Damen hinter der Theke zögern nicht lange, bauen meinen Sattel ab und einen neuen an. Da nun aber unsere Mägen knurren ist es an der Zeit, ein Nachtquartier zu suchen. Die Jugendherberge im Schloss Rechenberg ist ausgebucht, also telefonieren wir unsere Gasthofliste flussaufwärts ab. Was sich zu dieser Jahreszeit aber auch nicht als einfach erweist, da die meisten geschlossen haben oder ausgebucht sind. Im Gasthof Rose in Jagstheim bekommen wir zum Glück eine positive Antwort. Also wieder auf unsere Bikes und die letzten 7 Kilometer für heute angehen. Unterwegs erzähle ich Moni, dass mir heute Abend eine Kleinigkeit zum Abendessen ausreicht und so fahren wir weiter Richtung Jagstheim und unterhalten uns über Salate und „leichte Suppen“.   

ja, sowas gibt es noch in Deutschlands Gästezimmern

Wir entdecken die Leuchtreklame des urigen Gasthofes, fahren auf den Hof und meine Nase tanzt Zumba. Ganz klar der Duft, der hier in der Luft liegt, kommt von Knödeln, Rotkraut und irgendeinem Braten. Der Gastraum geschmückt mit toten Tieren erfüllt auch sonst alle Klischees, die man so von einem Landgasthof mitten im Nirgendwo hat. Ich entdecke die Tagesempfehlung: Gänsebrust mit Blaukraut und Knödeln, der Wunsch nach einem leichten Abendessen hat sich in Luft aufgelöst. So kommt es, dass wir 30 Minuten später frisch geduscht im Gastraum sitzen, Moni einen Glühwein vor der Nase und ich ein Cola-Weizen, und auf unser Mahl warten. Bei Moni wird ein Rehbraten mit Semmelknödel serviert und bei mir eine Klößchensuppe mit feinsten „Lebberknöpp“ als Vorspeise. Gefolgt von einer Gänsebrust mit Knödel und Blaukraut wie sie nur eine Köchin mit vielen  Jahren Erfahrung zaubern kann und zum Abschluss gönnen wir uns noch ein Hasselnussnougatmouse auf Orangen mit Maracujaeis. Ja ja, so kann ein leichtes Abendessen bei uns aussehen!

unser leichtes Mahl


Tag 2 Jagstheim – Schwäbisch Hall

Nach einem stärkenden Frühstück geht es zurück auf die Radelpiste. Unser nächstes Ziel Ellwangen für ein 2. Frühstück. Der Radweg frisst mit seinen ständigen kleinen Steigungen sofort wieder an den Kraftreserven. Doch bei schönstem Sonnenschein gelangen wir nach Ellwangen und alle Anstrengung wird mit einem guten Kaffee auf dem Markt weggespült. 

blauer Himmel

Ellwangens Markt


Nun sollte der anstrengendste Wegeabschnitt kommen. Aufstieg von Lauchheim aus dem Jagsttal zur Karpfenburg  und über den Wöllerstein rüber zum Kochersprung ins Kochertal. Aber auch dies meistern wir mit einem gewohnten Schnaufen in der Auffahrt und einem Dauergrinsen in der Abfahrt. Und kaum im Kochertal angekommen befinden wir uns auch schon in der Altstadt von Aalen. Hier machen wir eine Radl-Kurz-Sightseeing-Tour und entscheiden uns für eine Metzgerei mit Sitzplätzen für die Mittagspause. 

 
Burgen und Schlößer auf jedem Hügel

Karpfenburg


Und als wir in unsere Pizza-Fleischkäsebrötchen beißen wussten wir auch, dass es die richtige Wahl war. Ein kurzer Blick in die Rad-Karte und Abtsgmünd 15 Kilometer flussabwärts als Ort für unsere nächste Kaffeepause ausgemacht. Verlief die Wegeführung bisher über Feld- und Waldwege oder einsame kleine Straßen gab es ab Abtsgmünd das krasse Gegenteil. Entweder musste man direkt auf der Straße oder einem Radweg direkt daneben fahren, was bei dem Verkehr beides keinen Spaß machte. Wenigstens ging es dafür immer leicht bergab und die Landschaft rauschte fast so schnell wie die Autos an uns vorbei. Kurz vor dem Ort Laufen dann ein Radwegumleitungsschild. Eigentlich eine gute Sache, wenn man nicht in einem tiefen Flusstal stehen würde und einem sofort klar ist, die Umleitung kann nur über einen bösen Anstieg erfolgen. Und so sollte es auch kommen und die Umleitung führte uns hoch nach Krasberg mitten in eine Treibjagd rund um das „Dorf“ Weiler.

Krass der Krasberg

kleine Wilde Flussabschnitte


 Die Temperatur hier oben ist merklich kühler als im Tal und so freuen wir uns als wir wieder unten im Tal durch Gaildorf fahren und wieder auf dem eigentlichen Radweg sind. Der Wegeabschnitt von Gaildorf nach Schwäbisch Hall gefällt uns richtig gut, immer etwas oberhalb vom Tal entlang der Bergflanke gelangen wir nach Rosengarten. Wir zücken unsere Telefonliste und rufen wie immer zuerst die Jugendherberge an  und bekommen diesmal auch ein Zimmer, aber sind zu spät dran für das Abendessen. Also gehen wir in einem Supermarkt für ein fulminantes Abendmahl einkaufen und staunen nicht schlecht, als wir aus dem Supermarkt wieder rauskommen. 

mehr brauchen wir nicht, also nicht immer


Im Dunkeln der Nacht haben sich wohl heimlich Regen- bzw. Schneewolken über uns ausgebreitet. So fahren wir durch einen Regen mit einigen Schneeflocken die restlichen Kilometer nach Schwäbisch Hall. Der Anblick der beleuchteten Kirche und Burg an den Hängen gepaart mit den schönen alten Holzbrücken und der plätschernden Kocher  lässt die Nässe und Kälte aber voll vergessen und wir fahren mit offenen staunenden Mündern in Schwäbisch Hall ein. Und klar, die Jugendherberge ist mal wieder ganz oben über der Stadt…

Schuh an, Schuh aus


Tag 3 Schwäbisch Hall – Neckar – Jagsthausen

Yeaha, mit so einem Ausblick über die Stadt startet man gerne in den Tag. Wenn, ja wenn da nicht die vielen Regentropfen wären. Aber sofort erkennen wir auch den Vorteil der Tropfen, wann sonst hat man die Treppe vor dem St.Michael in einer der meist besuchten Städte des Süden Deutschlands mal nur für sich? 

Moni am St. Michael

Die Treppe nur für uns, na wer hat noch so ein Bild?


Der Radweg führt nun immer schön entlang des Flusses und wir kommen gut voran. Die Füße sind nach nur wenigen Kilometern in der Grundnässe für den restlichen Tag. Aber Regen hin, Regen her, es ist auch nur eine Wetterlage wie alle anderen auch und so haben wir wenigstens die Liegestühle entlang der Kocher für uns alleine. 

Winteräpfel, zuckersüss und kostenlos

komisch, keiner macht Moni den Platz streitig


In Künzelsau entdecken wir noch einen schönen Unterschlupf für den Starkregen und ich einen neuen Freund, der aber nicht weiter mit uns mit wollte. Egal, nach einigen Rosinenbrötchen und viel warmen Tee geht es nun auf den letzten Abschnitt entlang der Kocher. 

der kleine Regenschutz

Training für den Jakobsweg per Esel


Noch ca. 50 Kilometer bis zur Mündung der Kocher in den Neckar bei Bad Friedrichshall und es hört nicht nur auf zu regnen, nein es kommt sogar die Sonne wieder raus. Allerdings haben wir uns Bad Friedrichshall etwas anders vorgestellt und bevor die Enttäuschung zu groß wird, machen wir uns nach einem Foto vom Neckar sofort wieder auf ins Jagsttal. Auf dem Weg kommen wir an einer großen Gärtnerei vorbei und sehen dort im Hinterhof einen Art Weihnachtsmarkt. Also Blinker gesetzt und ab auf den Hof. Dass wir vorne für die Weihnachtsausstellung hätten Eintritt bezahlen müssen, wurde uns erst klar als wir die kostenfreien super leckeren Waffeln verschlungen und mit dem kostenlosen warmen Getränken runtergespült hatten und wir als einzige nicht Kleid oder Krawatte tragende Personen bestimmt nur wegen unseres evtl. nach Schweiß riechenden Klamotten aufgefallen sind. Aber auch ohne unsere großzügigen Spende in den Spendentopf waren wir auch hier gern gesehene Gäste mit mehr Publikum wie der Nikolaus und seinem großen Sack am Nachbarstand.

Kleiner Bikepark am Wegesrand

Die Sonne kommt immer wieder zu uns durch


Bei Möckmühl stoßen wir auf ein Schild mit der Aufschrift: „Ab hier beginnt der schönste Wegesabschnitt entlang der Jagst“. Nachdem wir diesen Abschnitt auch hinter uns hatten, können wir alle zukünftigen Jagst-Kocher-Radweg-Fahrer beruhigen. Nein, dies ist definitiv nicht der schönste Abschnitt. aber eben auch nicht der hässlichste. 

Naja


Die letzten 10 Kilometer ab Widdern haben wir unsere Sachen dann doch noch während der Fahrt waschen dürfen. Von oben gab der liebe Petrus alles damit wir im Auto auf der Rückfahrt nicht „erstinken“.

Kurz vor dem Ziel wurden wir richtig nass


Zusammenfassend können wir sagen der Kocher-Jagst-Radweg hat eigentlich mehr als nur 2 ½ Tage für seine regulären 338 Kilometer verdient. Viele schöne Ortschaften, Städte, Burgen und Klöster laden entlang des Weges zum Verweilen ein. Aber nicht zu dieser Jahreszeit, die allerdings viele andere schöne Facetten wie goldenes Laub bietet.

Der Herbst macht richtig Spaß

Und wehe wenn die Sonne kommt, perfektes Farbenspiel


Wir haben 352 Kilometer mit immerhin 2.409 positiven Höhenmetern auf diesem „flachen“ Rad-Rund-Weg zurückgelegt. Und wer hätte es gedacht, unterwegs haben wir viele, viele neue Ideen für weitere Touren gefunden. 

Wieder am Bus hörte es auch wieder auf zu regnen...

Viele weitere Bilder der Tour findet ihr HIER 
Homepage Kocher Jagst Weg - HIER KLICKEN 
Jugendherberge Schwäbisch Hall - HIER KLICKEN 
Infos Gasthof Rose - HIER KLICKEN 
Schöne Strecken-Beschreibung samt GPS-Daten bei GPSIES - HIER KLICKEN 
Kartenmaterial hatten wir - 
man muss aber auch erwähnen das man sich eigentlich nicht verfahren kann dank der perfekten Beschilderung.

sehr gute Beschilderung
  
und falls man mal nicht weiter kann gibt es "Buswarteheute"

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